Volltext: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein

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Pfarrer an der Kirche zu St. Regula mußte einem Neugläu 
bigen weichen. Ein Anhänger der neuen Lehre kam von Zü 
rich nach Fläsch, und als es hieß, er werde am nächsten Sonn 
tag predigen, strömte das Volk zahlreich dahin, auch aus der 
Landschaft Vaduz. 
Von Mönchen und Geistlichen, die die Lehrer des Volkes 
sein sollten, ging der kirchliche Umsturz aus; sie standen an der 
Spitze der Bewegung. Sie hofften so vom Joch des Zölibates 
und der Kirchengesetze befreit zu werden. Die Fürsten, Herren 
und Städte sahen bald, welche Vorteile ihnen in ökonomischer 
und politischer Hinsicht durch den Raub der Kirchengüter und 
Einziehung der Ländergebiete der Bischöfe und Klöster aus 
der Reformation erwuchsen und schlossen sich derselben an. 
Merkwürdig ist es, daß gerade Vorarlberg damals manche 
Prediger des neuen Glaubens stellte, wie Jakob Spreiter, frü 
her Kaplan in Gaschurn und dann Pfarrer in St. Antönien 
im Prätigau; Sigmund Rötelin von Bregenz und Thomas 
Gaffer von Bludenz lehrten in Lindau; Dr. Laurenz Mär aus 
Feldkirch war einige Zeit Zwinglis Vikar in Zürich, sagte sich 
aber wieder von ihm los und wurde Pfarrer in Feldkirch, wo 
er eifrig für Erhaltung des katholischen Glaubens wirkte (gest. 
1545). In Maienfeld war Samuel Frick im Jahre 1524 Pfar 
rer geworden. Bald nach seinem Amtsantritte begann Frick 
die Neuerung mit Hilfe einflußreicher Laien. Es wurden alle 
Kirchenparamente, Zierd-en und Bilder auf dem Friedhof ver 
brannt; die-Iahrtage für die Verstorbenen wurden abgeschafft. 
So machte die Reformation rasche Fortschritte in Bünden. 
Hans von Marmels, der österreichische Vogt im Prätigau, 
war von der Regierung in Innsbruck angewiesen worden, ge 
gen die Neuerungen in bezug auf Priester und geistliche Lehen- 
schaft zu protestieren. Oesterreich halte sich durch die Jlanzer 
Artikel nicht gebunden und werde die alte Ordnung in den 
acht Gerichten nach dem alten Herkommen handhaben. Erz 
herzog Ferdinand erließ selber ein Schreiben an die Bünde, 
worin er die von denselben gemachten Verordnungen in Be 
treff der Geistlichkeit als unstatthaft erklärte. 
Die Bürgerschaft von Chur gab keinen Zehnten mehr und 
hob die geistliche Immunität auf. Der Weihbischof wurde tät 
lich mißhandelt. Dadurch erschreckt, brachte das Domkapitel 
die Kirchenschätze und alten Dokumente in Sicherheit. 
Die Sekte der Wiedertäufer, aus Zürich vertrieben, schlich 
sich zu Chur und anderen Orten ein. Bei der allgemeinen 
Gärung und Aufregung unter dem Volke konnte es nicht 
fehlen, daß die unsinnigsten Meinungen auftauchten. Die
	        

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