Volltext: Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein

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und kirchliche Gesetze übertraten. Doch mischten sich selbst die christ 
lichen Kaiser in kirchliche Dinge, sogar in Bestimmung von Glau 
benslehren und in die Beschlüsse der Kirchenversammlungen, deren 
Bestätigung sie sich vorbehielten. Aber die Vermischung von Kirche 
und Staat hat nie gute Früchte gebracht. Nur eine unabhängige, 
christliche Kirche kann die Freiheit und Kultur der Menschheit fördern! 
Das zweite Kapitel. 
Rätien unter den Merowingern. 
(536-768.) 
1. Das Verhältniß ju den Franken. 
Die Rätter kamen nicht durch Eroberung an die Franken, dieser 
Umstand wirkte Vortheilhaft aus die Gestaltung des Verhältnisses, 
in das sie zu den neuen Herren traten. Von den Gothen verlassen 
begaben sie sich in den Schuz der Franken unter Vorbehalt ihrer 
herkömmlichen Rechte und Gewohnheiten, wogegen sie denselben 
Heeres-Folge und Treue gelobten. Auch ist mehr als wahrscheinlich, 
daß der Bischof Valentinian bei Gründung der neuen Ordnung nicht 
unthätig war. Ausgezeichnet durch Weisheit und strenge Tugend 
benuzte er seine hohe Stellung sicherlich zum Besten seines Volkes, 
wie er bei der Noth des langwierigen gothischen Kriegs die Thränen 
so vieler Unglücklichen trocknete und sie mit himmlischer und irdischer 
Speise tröstete. Als er hochbetagt starb (548), trauerte ganz Rätien 
um ihn und sein Neffe Paulinus, der ihm in der bischöflichen Würde 
folgte, sezte ihm ein rührendes Denkmal in der Kirche des heil. 
Luzius, bei welcher er auch ein Kloster gestiftet hatte. 
Die herzogliche, oder Grafengewalt über Rätien wurde unter 
dem frühern Titel eines Präses oder Rektor einem einheimischen 
Geschlecht übertragen. Sie bestand in der Sorge für die Sicherheit 
des Landes und in der Verwaltung der Gerechtigkeit. Diese Würde 
kam an das Geschlecht der Viktoren, so genannt, weil der erste 
Inhaber derselben, den man kennt, Viktor hieß und sie über hundert 
Jahre bei seinem Hause blieb. Großentheils bekleideten auch Glieder 
dieser Familie die bischöfliche Würde, was das Ansehen derselben 
und die Macht nicht wenig erhöhte. Das römische Recht und Ge 
richtsverfahren dauerte fort, wie auch die Curialverfassung. Die 
Curialen und großen Güterbesitzer bildeten den Adel. Der Besiz- 
stand blieb unverändert. Im übrigen traten die fränkischen Könige
	        

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