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Dieser schwärmerische, poetische Geist des Ritterthums,
der zuerst in Frankreich entstand, sodann anch besonders das
südliche Deutschland erfüllte, wurde mit lebhaftester Zustim
mung in den österreichischen Landen und am Hof der Baben
berger aufgenommen, zumal nachdem der einst von Sängern
und fahrenden abenteuernden Rittern so vielgesuchte Hof der
Landgrafen von Thüringen zu Eisenach und auf der Wartburg
verödet war.
Beide Höfe, der thüriugische, wie der österreichische, sind
auch als Dichterhöfe in die poetische Sage übergegangen und
erscheinen wetteifernd im „Sängerkrieg der Wartburg". Was
dort Landgraf Hermann, ist hier Herzog Leopold VI. (1198
bis 1230), genannt der Glorreiche. Bei ihm waren die hei
mischen und die wandernden Dichter alle willkommen, wurden
gastlich aufgenommen, sangen und spielten und verherrlichten
seine Feste. Seinem Beispiele folgte sein junger Nachfolger,
Friedrich der Streitbare (1230—1246), der in jugendlich rit
terlichem Eifer zu allen Abenteuern aufgelegt war und mit
den Sängern und Rittern auf alle ritterlichen Spiele und
Scherze einging.
Wie die Herzoge, so war anch die ganze österreichische
und steirische Ritterschaft von dem gleichen Geiste beseelt. Es
waren nicht bloß die fremden Sänger, wie Walther von der
Vogelweide, die, gastlich aufgenommen, durch diese Länder hin
durchzogen, sondern sie selbst haben aus ihrer Mitte zu dem
zahllosen deutschen Dichterwald jener Zeit ein nach Anzahl
wie innerem Werth höchst bedeutendes Contingent hinzugestellt.
Ihrer Mitte gehört der Kürnberger an, einer der ältesten der
Dichter, Herrand von Wildon, der Tannhäuser, Ncithard
Fuchs, wahrscheinlich Heinrich von Ofterdingen und selbst der
Dichter des Nibelungenliedes und unser Ulrich von Liechten
stein. Der österreichische und steirische Adel war aller fröh
lichen Rittcrlust zugethan und strömte zu Festen und Turnier
spielen von allen Seiten herbei und aus Kriegen und Schlachten