Volltext: Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein

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für dasselbe Ziel. Es wollte die Schwäche und Verlegenheit 
des Kaisers benützen, alle die Fragen, in denen sein Inter 
esse betheiligt war, in seinem Sinne zn entscheiden. Vor 
allen war dies die jülich-bergische Angelegenheit, welche Oester 
reich mit Verzicht seiner eigenen Ansprüche durch den Ver 
trag von 1728 sehr zum Vortheil Preußens hatte entscheiden 
wollen. Aber der Vertrag wurde nicht perfect, und die immer 
erneuerten, von verschiedenen Seiten wieder aufgenommenen Ver 
handlungen hatten noch zu keinem Ende geführt. Es hing noch 
eine mecklenburgische Frage, eine ostfricsische Frage, in welcher 
Preußen dem Kurfürsten von Hanover, d. i. dem Könige von 
England, gegenüber stand, dessen alten persönlichen Streit mit 
Friedrich Wilhelm I. auszusöhnen der Kaiser sich alle erdenkliche 
Mühe gegeben hatte. Preußens Stellung und Haltung in allen 
diesen Fragen war unsicher, schwankend, wie in jener Frage der 
polnischen Königskrone. Die Stimmung zn Preußen war eine 
Spannung, welche der französische Gesandte zu seinem Vortheile 
erweiterte und ausnützte. 
Die Verhältnisse am preußischen Hofe lagen also für einen 
österreichischen Gesandten in jeder Beziehung schwierig: Oester 
reich in Krieg verwickelt, bedrängt und allein stehend, seine alten 
Bundesgenossen, die Seemächte, sich weigernd, ain Kriege theil 
zunehmen, die preußische Regierung in allen europäischen und 
allen deutschen Fragen widerstrebend, der König alternd, krän 
kelnd, unwillig, schwer zu behandeln, und dazu endlich im Krön 
Prinzen ein präsumtiver Nachfolger von großen Anlagen, von 
dessen zukünftigen kriegerischen Plänen und Unternehmungen 
bereits die Ahnung durch die Welt ging. Die Instructionen 
des Fürsten Wenzel bezogen sich daher, nach allgemeiner und 
eingehendster Erörterung der politischen Sachlage, ebensowohl auf 
die preußische Regierung wie auf den König selbst und ganz ins 
besondere noch — und das war das tiefstliegendc und geheimste 
Motiv seiner Sendung — auf den Kronprinzen Friedrich, der 
sich bald den Namen des Großen erringen sollte.
	        

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