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IPelf und dürr hing der Alpenstrauß, der doch so
schön gewesen war, als sie ihn zum Kräutersegen in
die Kirche nach Triefen gebracht und nachher am Bild
des heiligen befestigt hatte. Und der heilige selbst guckte
heute auch so ernst und streng herab; die voni flackern
den Licht der Kerze beleuchteten Züge waren so merk
würdig düster, seine Augen, die doch sonst so viel Güte
ausstrahlten, so ganz, ganz anders, so streng.
Gretli zuckte zusammen, und doch konnte sie den
Blick nicht losreißen.
lVar der heilige unzufrieden mit ihr?
Konnte er in ihrem Kerzen lesen, wie es da unruhig
war? Sah er den Schmerz, der aus jedem Zug ihres
blassen Gesichtchens hervorsah? Kannte er die quälen
den Gedanken, die ihr bsirn marterten?
Die Stina des Aloys U?eib?
U)arum bäumte sich ihr Herz auf bei dem Gedanken?
blatte sie leise, leise eine andere Hoffnung gehabt
und still genährt?
U)as sie bisher nur undeutlich gefühlt hatte, sie
wußte es plötzlich in dieser Stunde, sie war dem Aloys
gut, o, so gut; sie hing an ihm mit einer großen,
großen Liebe.
A)ar das die Liebe, die sie dem Bruder, dem treuen,
guten Kameraden ihrer Zugendzeit, der Freud', aber
auch bitteres, herbes Leid mit ihr getragen hatte, ent
gegenbrachte?