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nachging, konnte man morgen schon von rohen fänden
ergriffen, vor ein Gericht geschleppt, böswillig ver
leumdet, angeklagt und als Hexe auf dem Scheiter
haufen verbrannt werden.
Wie hatte jene unheimliche Arankheit der damaligen
Zeit auch in dem kleinen Ländchen Liechtenstein, in dem
Triesnerberg gelegen war, gewütet; wie viele Opfer
waren ihr gebracht worden; wieviel Unglück war über
ganze Familien hereingebrochen, wieviel Blut unschuldig
geflossen! Es gab geheime und offene Angeber, die mit
leidslos oft den besten Freund, den nächsten Nachbar der
Hexerei beschuldigten und dem Gerichte überlieferten.
Wer war da sicher, daß ihn das Unglück verschone?
War es zu verwundern, daß das Volk wie unter
einem Banne seufzte, daß besonders die Frauen unter
der ständigen Angst bebten und litten? Hatte doch noch
vor kaum drei Zähren der Scheiterhaufen mächtig ge
raucht, war doch da ein Wehruf nach dem andern der
unglücklichen Opfer, die unter den gräßlichsten Qualen
ihren Geist aufgaben, gen Himmel gestiegen!
Anna 5>töß, die Bäuerin, schüttelte sich jedesmal,
wenn ihr der Gedanke daran kam, vor Entsetzen und
Grauen; denn vor ihren eigenen Augen hatte man
auch dort auf dem Scheiterhaufen ein Weib verbrannt,
das Anna als brave, fleißige Person kannte, das schon
über fünf Zahre als Magd treu in ihrem Haufe ge
dient hatte.