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I.
diictï.
1.
Die freien Rhätier.
— 13 v. Chr.
Aus der Zeit der Geburt Christi ungefähr stammen die ersten
sicheren Nachrichten über diese Landschaft, die jetzt Fürstentum Liechten
stein genannt wird. Damals gehörte dieses Gebiet zum oberen
Rhäticn, auch Churrhäticn genannt, weil es so weit reichte als später
das Bistum Chur. Zum oberen oder ersten Rhätien gehörten über
dies der jetzige Kanton Graubünden, das Bintschgau in Tirol und
Vorarlberg bis hinab zum Bodensee. Das weiter nach Norden lie
gende Gebiet bis zur Donau hieß das untere oder zweite Rhätien.
Die Rhätier gehörten dem Volksstamme der Kelten an, die
als Abkömmlinge des Jafet aus Hochasien, der Wiege der Mensch
heit, in Europa eingewandert waren. Die Sprache der Rhätier war
daher die keltische, von der noch viele Wörter, besonders Ortsnamen
in Gebrauch sind. Jene Rhätier, die vom Eschnerberg bis zur Lan-
quart hinauf zu beiden Seiten des Rheines wohnten, sollen den
Namen Rukantier gehabt haben.
Die Rhätier bewohnten alles bis in die höchsten Alpen, wie
sie sich denn auch nur mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigten. Korn
war die hauptsächlichste Fcldsrucht, und besonders gedieh der Sommer-
waizen vortrefflich. Auch den Weinbau kannte man in Rhätien.
Rhätischer Wein, der nicht in steinernen Krügen, wie in Italien,
sondern in hölzernen Fässern aufbewahrt wurde, und rhätische Trau
ben erschienen sogar in Rom aus der Tafel des Kaisers.