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Die Religion der Rhätier war wohl der der heidnischen Ger
manen ähnlich. Sie verehrten mehrere Gottheiten und brachten ihnen
Opfer dar. Der Hausvater war auch der Opferpriester für die
Familie. Der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele und an Lohn
und Strafe nach dem Tode war allgemein.
Die Rhätier waren sehr genügsam. Ihre Häuser waren nur
aus rohen Balken und Brettern erbaut. Wenn die Getreideernte miß
riet, nährten sie sich von Eicheln, deren cs in den Eichenwäldern ihrer
Gebirge und Ebenen in Menge gab. Der unbändige, kriegerische
Mut dieses Volkes brachte ihm aber den Verlust seiner Freiheit. Um
das Jahr 90 v. Chr. waren die Rhätier in Italien und im Jahre 44
v. Chr. in das Gebiet der benachbarten Helvetier, ebenfalls römisches
Gebiet, eingedrungen und römische Handelsleute konnten nur mit
äußerster Gefahr durch Rhäticn reisen. Da beschloß der Kaiser Augu-
stus zu Rom, die Rhätier der römischen Weltherrschaft zu unter
werfen. Er rüstete ein starkes Heer auserlesener Krieger und übergab
den Oberbefehl seinen beiden jugendlichen Stiefsöhnen Tiberius und
Drusus. Tiberius fiel von Graubünden her, Drusus über die Tiroler
berge in Rhätien ein. Da die Rhätier aus diesen Kamps nicht vor
bereitet, wohl auch an ein planmäßiges Kriegführen nicht gewohnt
waren und überdies von den römischen Legionen, die in alle Thäler
eindrangen, von allen Seiten zugleich und einzeln angegriffen wurden,
konnten sie einen längeren Widerstand nicht leisten und erlagen trotz
ihrer Tapferkeit der römischen Übermacht in wenigen Wochen. Rhä
tien bildete fortan r4nL. römische Provinz.
2.
Unter römischer Herrschaft.
13 v. Chr. — 493 nach Chr.
So gehörte diese Landschaft zur Zeit der Geburt des Welt
erlösers und 500 Jahre lang zuin großen Römerreiche, das 109,000
Quadratmeilen groß war und 120 Millionen Eimvohner zählte.
Ilm Empörungen zu verhindern, wurde von den Römern die
kräftigste junge Mannschaft rasch aus Rhätien fortgeführt, in die
römischen Heere gesteckt und nur so viele blieben zurück, als notwendig