Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität

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würdigem Schritt die „gestuhlten“ Haupt 
kühe, schwere „Plumpen" tragend, einen 
bebänderten Melkstuhl auf dem Kopf, die 
Stirne bekränzt mit Flitterkranz, in der 
Mitte das Holzherz, das Ganze „Schap- 
pele" genannt. Gar mancher Bauer ist stolz 
darauf, über seiner Stalltüre viele dieser 
Auszeichnungen vorweisen zu können. „Auf- 
gestuhlt“ wurde früher von den Vaduzern 
bei der „Schappele-Tanna“ unterhalb der 
Gnalp, von den Balznern bei den Forst- 
kappele. Meistens werden die besten Milch 
kühe so herausgeputzt. Aber es soll auch 
Vorkommen, daß ein Alpknecht auf hoher 
Alpenweid seiner Liebsten im Tale gedenkt 
und ihr zuliebe einen ihrer Lieblinge 
schmückt. Am Weihnachtsnachheiligtag wird 
er zum Dank dafür zu Tische geladen und 
erhält klingenden oder süßen Lohn. 
„Heilig ist wohl mancher Brauch.“ Unserer 
Bräuche heiligster ist die Prozession zu Ehren 
des Schöpfers von Vernunftbegabtem und 
„Unvernünftigem“ , unser „Useherrgotts- 
tag“. An dieser Königin der Prozessionen, 
wo der Herrgott segnend über Straßen und 
Fluren schreitet, fehlen nicht viele Liechten 
steiner. Schon morgens in aller Frühe wer 
den die Hauseingänge und Fenster mit 
Blumen, Kerzen und Heiligenbildern ge 
schmückt. Während der Prozession tragen 
vier Mitglieder der Gemeindebehörde den 
Baldachin, unter dem der Pfarrer das Aller 
heiligste trägt, an den Evangelienaltären 
den Segen spendend. In Vaduz wird die 
Feierlichkeit erhöht dadurch, daß unser 
Durchlauchtigster Landesfürst mit seiner 
hohen Familie dem Herrn der Fürsten und 
Völker in Demut die Ehre erweist, seinem 
Volke ein edles Beispiel gebend. Wie im 
Lötschentale, gab es früher auch hierzulande 
die Herrgottsgrenadiere, für die ältere Ge 
neration in Balzers noch in guter Erinne 
rung. Abend für Abend exerzierte unsere 
Jungmannschaft, um dann am Herrgotts 
feste als „Schützer“, Burschen schlank wie 
Kerzen, in weißen Hosen, den Vorder 
lader geschultert in Marschordnung anzu 
treten. Nach Verlesung des Evangeliums 
wurde jeweils der Segen mit einer Salve 
begleitet. Heute wird diese durch Böller 
schüsse ersetzt, nachdem leider seinerzeit die 
„Schützer“ verboten worden waren. Nach 
diesem Verbot traten unsere „Veteraner“, 
die letzten Liechtensteiner Soldaten, in die 
Lücke. Und noch ist manchem Balzner in 
Erinnerung, wie die Hünengestalt des alten 
„Mesmers“ zum Gebete kommandierte. Für 
unsere Jugend ist der „Useherrgottstag“ 
auch deswegen ein Freudentag, weil ihr von 
der Gemeinde das „Oseherrgottsbrötle“ ge 
spendet wird. 
Sollte dieser kurze Blick über einen Aus 
schnitt aus unserem Volksschicksal und 
Volksleben dazu führen, das Interesse an 
unserer Geschichte und die Liebe zu Heimat 
und Volkstum, zu altem Brauch und alter 
Sitte wecken und fördern zu helfen, dann 
sei Gott gedankt. Mannigfach waren die 
Schicksale unseres Volkes seit ältesten Zei 
ten, bis Gottes weise Hand uns zur Kirche 
und zur Selbständigkeit unter unserem edlen 
Fürstenhause führte. Möge es uns Liechten 
steinern vergönnt sein, recht lange in treuer 
Zusammenarbeit mit dem hohen Hause 
Liechtenstein unter Gottes Schutz uns unse-
	        

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