Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität

radoxen Figur: er, der von seinen Unterta 
nen angefordert wurde, forderte. Die Folge 
dieses Zustandes war die Steigerung des 
politischen Selbstbewußtseins der Unterta 
nen, das so weit ging, daß sich die Bauern, 
bevor die Fürsten von Liechtenstein als Käu 
fer der Landschaften auftraten, unter größ 
ten Opfern von allen Herrschaftsrechten los 
kaufen wollten. Mehr als der Machtentscheid 
Napoleons im Jahre 1806 umstürzte, woll 
ten die Bauern aus eigener Kraft schon vor 
1700 zustande bringen. Aber der kaiserliche 
Antrag vom 7. Juni 1696, in welchem der 
Verkauf der Herrschaft Schellenberg vorge 
schlagen wurde, gab der politischen Ge 
schichte des Landes eine neue Richtung. Der 
Vergleich vom 29. Dezember 1696, den die 
Delegierten des kaiserlichen Administrators, 
Fürstabt Ruprecht von Kempten, Graf Ja 
kob Fiannibal und die Landammänner der 
Landschaften schlossen, beendete alle poli 
tischen Spekulationen. Die finanziellen Dif 
ferenzen zwischen der Grafenfamilie und 
den Landschaften regelten ein Kompromiß. 
Die gräflichen Schulden sollten aus dem Er 
lös vom Verkauf der Herrschaft Schellen 
berg getilgt werden. Als Käufer meldete 
sich Johann Adam Andreas Fürst von Liech 
tenstein. Er bot 115 000 Gulden. Am 18. Ja 
nuar 1699 wurde der Vertrag unterschrie 
ben. Am 16. März 1699 erschienen die Un 
terländer auf dem Platz vor dem Pfarrhaus 
in Bendern. Die Bauern verlangten, durch 
böse Erfahrungen mißtrauisch geworden, 
von den fürstlichen Vertretern, die zur Ent 
gegennahme der Huldigung erschienen wa 
ren, Sicherstellungen, um nicht erneut mit 
neuen Tributen nach hohenemsischen Mu 
stern belastet zu werden. Erst nach sechs 
stündigen Unterhandlungen schwuren die 
Bauern den „leiblichen Eid zu Gott, den 
Heiligen, dem Durchlauchtigsten Fürsten 
und Herrn Johann Adam Andreas Fürsten 
und Regierer des Hauses Liechtenstein ge 
treu, gehorsam, gewärtig, bottmäßig, Steuer-, 
frohn- und dienstbar zu sein ...“ 
Der Verkauf der Herrschaft Schellenberg 
konnte die hohenemsische Wirtschaft nicht 
sanieren. Die Schuldenlast der Familie stieg 
stets an. Schon um 1700 begannen die Ver 
handlungen zwischen dem Fürsten von 
Liechtenstein und dem Grafen über den Ver 
kauf der Grafschaft Vaduz. Erst am 22. Ja 
nuar 1712 kam der Kaufvertrag zustande. 
Mit barocker Feierlichkeit huldigte am 
9. Juni 1712 die Grafschaft Vaduz dem 
Fürstenhaus. Eine Woche später starb Fürst 
Hans Adam kinderlos. Der minderjährige 
Fürst Wenzel wurde Erbe der Landschaften. 
Durch einen Vertrag (12. März 1718) er 
warb Fürst Anton Florian, der Chef des 
fürstlichen Hauses, vom Fürsten Wenzel 
unser Gebiet. Anton Florian wollte für sich 
und seine Erben durch den Besitz der Land 
schaften den Sitz auf den Reichsfürstenbank 
festigen. Vaduz und Schellenberg wurden 
Primogeniturstammgut des fürstlichen Hau 
ses. Am 5. September 1718 huldigten die 
Landschaften dem Fürsten. Kaiser Karl VI. 
erhob am 23. Januar 1712 die Reichsherr 
schaften zu einem unmittelbaren Reichs 
fürstentum. Fürstenhaus und Volk standen 
jetzt auf der letzten Stufe, die auf die Platt 
form der Souveränität führte. 
In diesen roh hingesetzten Daten ballte sich 
eine ungewöhnliche Dramatik. Das Agens
	        

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