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drängten im 5. Jahrhundert südwärts, spür
ten die Schwäche der Gegner und nahmen
sippenweise Gebiete in Besitz. Oberhalb des
Bodensees aber war es für die Alemannen
mühsamer, der rätische Block leistete lange
und hartnäckig Widerstand, und erst spät
gelangten die ersten alemannischen Sippen
in friedlicher Kolonisation in unser Land.
Verschiedene, meist bei Bau- und Aushub
arbeiten angeschnittene Alemannengräber
— besonders in Schaan und Eschen — kün
den von dieser Zeit.
Ein aufschlußreiches Detail sei noch er
wähnt: In Schaan wiesen Gräberfunde auf
2 frühmittelalterliche Friedhöfe, und zwar
lag der alemannische Friedhof „in der
Specki“ (in der Nähe des heutigen Fried
hofes), der romanische „in der Sax“, im
südlichen Teil des Dorfes. Dies wird so er
klärt, daß die eingewanderten heidnischen
alemannischen Sippen sich im nördlichen
Teil, die alteingesessene, romanisierte und
christianisierte Bevölkerung sich im süd
lichen Teil des heutigen Dorfgebietes nieder
gelassen hatte. Dieses Nebeneinander auf
engem Raum zweier durch Sprache, Religion
und Kultur getrennten Volksgruppen führte
im Laufe der Jahrhunderte zur Vermischung.
Die Alemannen, als der durch stete Einwan
derung wachsende und stärkere Teil, gaben
die deutsche Sprache, die Romanen aber die
christliche Religion als wichtigstes Erbgut
dem neuen Geschlecht, unsern Urahnen, mit.
3. Liechtenstein, „Tal des Friedens“?
Heute, im Zeichen der Prosperität und einer
— für unser Land —jahrzehntelangen fried
lichen Entwicklung ist man in satter, mate
rialistischer Selbstgefälligkeit so gerne ge
neigt, die heutigen Verhältnisse als normal,
als selbstverständlich hinzunehmen. Ein kur
zer Rückblick in jene Zeiten, in denen Wohl
stand, Friede und Geborgenheit nur seltene
Gaben des Geschickes waren, führe uns zu
einer neuen Wertschätzung unserer heutigen
Verhältnisse.
Unser Land, am Zugang zu den für die
Deutschland-Italien-Verbindung so wichti
gen Bündner Pässen gelegen, ist altes Durch
gangsland. Aber kriegsgeschichtlich gesehen
war seine Lage zwischen den alten Erbfein
den — Habsburg und Eidgenossen — be
sonders verhängnisvoll. Gleichsam Prellbock
zwischen beiden feindlichen Mächten, schutz
loses Niemandsland, wurden unsere Land
schaften wiederholt Schauplatz kriegerischer
Auseinandersetzungen, drückender Beset
zungen und hemmungsloser Plünderungen.
Das Kriegsgeschehen aber wurde manchmal
geradezu magnetisch ins Land gezogen durch
die Feste Gutenberg, die seit 1308 in öster
reichischem Besitz war und eine kleine Frei
herrschaft im Gebiet der Grafen von Vaduz
bildete.
Später waren es dann besonders zwei krie
gerische Ereignisse, die plastisch aus diesem
Gewirr unheilvoller Episoden hervortreten:
Für das Oberland waren die Kriegswirren
des Schwabenkrieges (1499) besonders ver
hängnisvoll. Die Frage der Lösung der Eid
genossenschaft aus dem deutschen Staats
verband führte zum Krieg zwischen den
Eidgenossen und dem Kaiser. In Graubün
den fing es an. Unser Land, an der Pforte
zu Graubünden, der Luziensteig, gelegen,