DIE ENTWICKLUNG DER LIECHTENSTEINISCHEN INDUSTRIE
Dr. Alois Vogt
Die Geschichte der liechtensteinischen Indu
strie zu schreiben ist, soweit man eine ge
schlossene und ununterbrochene Darstellung
benötigt, nicht sehr leicht, da uns zuverlässige
Unterlagen und insbesondere statistisches
Material in erheblichem Umfang fehlt. Ein
Gerippe der Entwicklung geben die Berichte
der österreichischen Gewerbeinspektoren,
denen die liechtensteinischen Betriebe vor
allem arbeitsrechtlich und sozialrechtlich
unterstanden. Zur Pflege der sozialen Inter
essen der Arbeitnehmerschaft hatte schon der
österreichische Staat Inspektorate eingesetzt,
die sich sowohl den Problemen der Arbeits
hygiene wie auch dem Problem anständiger
Entlohnung, dem Problem der Erhaltung
der Arbeitskraft durch Bekämpfung unge
wöhnlicher Inanspruchnahme durch den Ar
beitgeber (bei Beginn der Industrialisierung
finden wir Arbeitszeiten von 16, 12 und
11 Stunden pro Tag) und schlußendlich dem
Schutz des Arbeitnehmers gegen Unfall-
und Krankheitsfolgen zu widmen hatte. Die
Gewerbeinspektorate führten im Aufträge
der liechtensteinischen Regierung jeweils
Kontrollen aus, erstellten Berichte und
machten Anregungen sozialpolitischer Na
tur an die liechtensteinische Regierung. Lei
der ist der Großteil dieser Berichte aus dem
Archiv der liechtensteinischen Regierung
verschwunden, so daß sie nicht mehr eine
geschlossene Entwicklung aufzuzeichnen
vermögen.
Aus den Berichten des Gewerbeinspektors
Ernst Rizka, Feldkirch (Inspektorat Inns
bruck) aus dem Jahre 1887 ergibt sich zum
Beispiel, daß bei der Firma Jenny, Spoerry
& Cie in Vaduz 40 männliche und 61 weib
liche Arbeiter, bei der Firma Jenny, Spoerry
& Cie. in Triesen 45 männliche und 215
weibliche Arbeiter beschäftigt waren. Der
Bericht über die Fabriken I und II Rosen
thal fehlt. Die Arbeitszeit wird durchgehend
mit 12 Stunden pro Tag angegeben. Der
Gewerbeinspektor stellt fest, daß die Be
triebsangehörigen mit neun Zehntel des
Lohnes gegen Unfallfolgen versichert seien
und bemängelt das Fehlen einer obligtori-