Volltext: Der Staatsvertrag in Liechtenstein und seine vorläufige Anwendung

vollzogen werden.??' Eine Lösung dieser Art kann aber nur dann greifen, wenn die 
Vertragsstaaten auch damit übereinstimmen, dass dadurch unmittelbar Rechte und 
Pflichten (im Fall des Protokolls Nr. 14 die direkte Anwendung der Art. 4, 6, 7 und 8) 
begründet werden und eine Anwendung rechtswirksam ist.??? 
Auch der häufigste Anwendungsfall der vorläufigen Anwendung („Dringlichkeit‘*®®), 
bei dem die Zustimmung eines Parlaments nicht abgewartet werden soll, um die 
Anwendung des Vertrages und damit seine Vorteile für sich sofort gelten zu lassen 
(also ohne weitere Verzögerung), kann als Indiz für den Willen der Vertragspartner 
gewertet werden, dass diese sich dem Vertrag vollumfänglich, also mit allen Rechten 
und Pflichten unterwerfen wollen. Kurzum, der Zweck einer vorläufigen Anwendung 
und damit der unmittelbaren Sicherung der Vorteile des Vertrages ist nur dann 
gegeben, wenn alle Vertragspartner von einer vollumfänglichen Bindungswirkung 
ausgehen. Im entgegengesetzten Fall würde dies unweigerlich zu einer Zeit der 
Rechtsunsicherheit führen.°°* ,Die Staaten wollen und müssen sich deshalb darauf 
verlassen kónnen, dass die Anwendung eines Vertrages vor seinem endgültigen 
Inkrafttreten nicht im unverbindlichen Raum verbleibt. 9^ 
Ein entscheidendes Element bei dieser Betrachtungsweise stellt auch der 
Vertrauensschutz dar. Das Vertrauensschutzprinzip beim Abschluss von Verträgen 
(also im Vorstadium vor dem Inkrafttreten) spielt auch im Vólkervertragsrecht eine 
wichtige Rolle. Speziell im Fall der vorläufigen Anwendung stellen sich Fragen über 
etwaige Verhaltenspflichten der Vertragspartner vor Inkrafttreten des Vertrages. 
Durch die Erklärung den Vertrag vorläufig anzuwenden und damit die 
anschliessende fatsächliche Anwendung vor Inkrafttreten des Vertrages, werden 
Vertrauensschutztatbestände gesetzt. Auf diese Erklärung und die anschliessende 
tatsächliche Anwendung muss ein Vertragspartner vertrauen können. Sollte dieses 
Vertrauen nicht gegeben sein, wäre eine vorläufige Anwendung mit Blick auf die 
Rechtssicherheit wohl wertlos. *°® 
  
397 Vgl. RR F. Arndt / gepr. RKn Teresa Großmann, Fachbereich WD 2, Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche 
Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Entlastung des 
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte durch aktuelle Reformen der Organisationsstruktur, Nr. 62/09, 
20. Juli 2009, www.bundestag.de (aufgerufen am 3.4. 2017), S. 1. 
39? ygl. dazu Krieger, Article 25, 2012, S. 420. 
393 Siehe oben Kapitel 4.2.2.1. 
3** ygl. Montag, vorl. Anwendung, 1986, S. 51. 
3*5 Montag, vorl. Anwendung, 1986, S. 51. 
39$ ygl. Montag, vorl. Anwendung, 1986, S. 52. 
76
	        

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