b) Keiner Zustimmung durch den Landtag bedürfen grundsätzlich die folgenden
Beschlüsse des EWR- Ausschusses:
- Rechtsakte, die in der EG von der Kommission auf dem Delegationsweg beschlossen
worden sind.
- Rechtsakte, die in der EG vom Rat erlassen worden sind, sofern es sich um blosse
Durchführungsvorschriften bereits erlassener Rechtsakte handelt.
- Entscheidungen, die als individuell-konkrete Akte insbesondere der Kommission weder
rechtlich noch tatsächlich an Liechtenstein gerichtet sind, oder Verordnungen, auf die dies
ebenfalls zutrifft.
- Rechtsakte, die nur zum Ziel haben, bereits erlassene Rechtsakte oder deren Anhänge
ohne oder mit nur geringfügigen inhaltlichen Änderungen zu konsolidieren, zu
interpretieren oder textlich zu bereinigen.
- Rechtsakte, die lediglich Fristen verlängern, oder einen provisorischen oder einen rein
technischen Charakter haben.
- Rechtsakte, die für Liechtenstein aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Landes
(insbesondere seiner geographischen Lage, seiner Wirtschaftsstruktur, seiner
Bodenschätze oder seiner [Verkehrs] Infrastruktur) sachlich ohne Bedeutung bzw.
gegenstandslos sind.
c) Im Übrigen ist bei der Entscheidung der Frage, ob ein vom gemeinsamen EWR-
Ausschuss beschlossener Rechtsakt der Zustimmung des Landtages bedarf, vom
Grundanliegen einer effektiven und fristgerechten Verwirklichung der Ziele und
Regelungen des EWR-Abkommens auszugehen, aber auch mitzuberücksichtigen, dass
dieses Vertragswerk selbst es den EWR/EFTA-Staaten überlassen hat, nach Maßgabe
ihres eigenen Verfassungsrechts darüber zu befinden, durch welches Organ und in
welchem Verfahren die staatliche Zustimmung erfolgt; dabei ist den stark ausgeprägten
demokratischen Legitimationsgrundlagen des liechtensteinischen Verfassungsrechts
angemessen Rechnung zu tragen. Für die Entwicklung einer ausgewogenen,
konsensfähigen und rechtssicheren Praxis bildet eine enge Kooperation zwischen der
Regierung und dem Landtag bzw. seiner zuständigen Ausschüsse eine optimale
Voraussetzung.
Diese Konkretisierung der Zustimmungspflicht für Staatsverträge durch den Landtag
ist sehr umfangreich und deckt in Kombination mit der Kategorisierung des Art. 8
Abs. 2 vermutlich einen Grossteil der praktischen Fälle ab. Dennoch wird es
wahrscheinlich auch in Zukunft notwendig sein, diese Fälle der Rechtsfortbildung
anzupassen.
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