2.2.4 Die Überprüfung des Völkerrechts in Liechtenstein
Würde man klar davon ausgehen, dass sich Liechtenstein vollumfänglich zum
gemässigten Monismus bekennen würde, könnte zum Thema Überprüfbarkeit von
Völkerrecht folgende Ansicht ins Feld geführt werden:
„Die heute herrschende Annahme eines gemässigten Monismus geht auf Verdross zurück
und nimmt einen Delegationszusammenhang zwischen Völkerrecht und nationalem Recht
an. Das innerstaatliche Organ hat die völkerrechtswidrige nationale Regelung
grundsätzlich anzuwenden und es kommt eben nicht — wie im radikalen Monismus — zur
Nichtigkeit der nationalen Regelung. Vielmehr setzt sich das Vólkerrecht dann durch,
wenn der Streitfall seine Auflösung in einem innerstaatlichen Verfahren findet.
Völkerrechtswidriges staatliches Recht führt zu und bedingt Staatenverantwortlichkeit.
Dabei kann sich der Staat nicht auf die Vorschriften seiner eigenen Rechtsordnung
berufen, um die Verletzung seiner völkerrechtlichen Pflichten zu rechtfertigen.“
Doch wie unschwer aus dem Konjunktiv und dem oben Dargestellten zum Thema
Monismus und Dualismus in Liechtenstein (Kapitel 2.2.1) zu erkennen ist, können
diese Ausführungen nicht pauschal auf die Überprüfbarkeit von Völkerrecht in
Liechtenstein angewendet werden. Im Bezug auf die Überprüfung von
Staatsvertrágen kommt gem. Art. 104 Abs. 2 LV?? dem Staatsgerichtshof die alleinige
Prüfungskompetenz zu. Der Staatsgerichtshof wird durch diese Bestimmung (die im
Jahre 2003 im Zuge der Verfassungsreform eingeführten wurde) ermächtigt, durch
kassatorische Entscheide, Staatsverträge auf ihre Verfassungsmässigkeit hin zu
überprüfen. Das würde im Rückschluss bedeuten, dass Völkerrecht, welches durch
das Adoptionssystem in der liechtensteinischen Rechtsordnung Geltung erlangt hat
(vorausgesetzt der Vertrag ist unmittelbar anwendbar / self-executing) vom
Staatsgerichtshof wieder aufgehoben werden könnte, wenn die völkerrechtliche
Norm gegen die LV verstossen würde. Insofern kann nicht davon ausgegangen
werden, dass sich im Streitfall das Völkerrecht durchsetzt, wenn dies seine
Aufhebung im innerstaatlichen Verfahren bedeuten würde. Diese Ausführungen
beziehen sich aber ausschliesslich auf den Staatsvertrag als Vólkerrechtsquelle;
daher wird die Überprüfung von Staatsvertrágen unten im Kapitel 3.3.6 noch práziser
behandelt.
^? Grabenwarter, Vülkerrecht, 2013, S. 123.
9)? Art. 104 Abs. 2 LV LGBI. 2003/186.
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