deren Bewusstsein politisch sozialisiert wurde. Eine positivere Interpretation könnte sein,
dass die junge Generation die erste ist, die nicht mehr so ausgeprägt in Geschlechterka-
tegorien denkt und sich ausschliesslich an der Qualifikation der Kandidaten und Kandida-
tinnen orientiert. Dies wäre Grund zur Hoffnung. Auseinandersetzungen zum Thema
Gleichstellung würden so obsolet, da man annehmen könnte, dass in der Politik nicht
mehr nach Geschlechtern unterschieden würde. Der Konjunktiv zeigt, dass Zweifel ver-
mutlich durchaus noch angebracht sind (Geissel/Penrose 2003: 16). Marxer charakterisiert
Liechtenstein als Kleinstaat mit rasantem wirtschaftlichen Aufschwung im 20. Jahrhundert,
der zwar „bis in die Gegenwart ... [starke] traditionelle kulturelle Vorstellungen und Werte
christlich-katholischer Prägung ... [sowie] eine Staatsform mit stark monarchistischer Aus-
richtung“ (Marxer 2005: 11) hat. Die Politik war weitgehend männlich dominiert, jedoch
kann man feststellen, dass gerade in den vergangenen Jahrzehnten ein kultureller Mo-
dernisierungsschub und eine geistige Öffnung Einzug gehalten hat. „Liechtenstein eman-
zipiert sich allmählich aus einer patriarchalen Tradition“ (Marxer 2005: 11).
Die individuelle politische Orientierung hat bedeutenden Einfluss auf die politische Partizi-
pation von Frauen. Empirisch eindeutig konnte nachgewiesen werden, dass Männer im
statistischen Durchschnitt häufiger davon überzeugt sind, kompetent für ein politisches
Amt zu sein als Frauen. „Zweifel an den eigenen Kompetenzen ist eine der wesentlichen
Barrieren von Frauen, eine politische Karriere zu verfolgen“ (Geissel/Penrose 2003: 17).
Das subjektive politische Kompetenzgefühl ist somit eine zentrale Erklärung für die unter-
schiedliche Partizipation von Männern und Frauen.
Wie sieht die Situation in Liechtenstein aus? Trifft es zu, dass Frauen weniger an der Poli-
tik partizipieren als Männer? Gerade in Liechtenstein scheint dieser Ansatz kaum grosse
Erklärungskraft zu besitzen. 2001 stellten sich 21 Frauen zur Wahl. 34.4% der Kandidaten
waren demnach weiblich und nur drei Frauen wurden gewählt. Im Jahr 2005 konnten wie-
derum 19 Frauen für eine Kandidatur gewonnen werden, sechs davon waren erfolgreich.
Der Wahlerfolg der Frauen im Jahr 2005 muss jedoch relativiert werden. Die Wahlchancen
haben sich zwar tendenziell verbessert, jedoch wurden im Oberland zwei FBP-Frauen-
mandate und im Unterland ein FL-Frauenmandat nur knapp gewonnen. Marxer zeigt sich
skeptisch, ob sich dieser Frauenanteil bei den kommenden Wahlen erhalten kann (Marxer
2005: 24).