2. Forschungsstand
2.1. Der Begriff Elite und die sozialwissenschaftliche Elitenforschung
Der Begriff Elite tauchte bereits im 18. Jahrhundert auf und hat sich bis heute stark ge-
wandelt. Damals wurde dieser Begriff vom aufstrebenden franzósischen Bürgertum als
demokratischer Kampfbegriff gegen Adel und Klerus und somit gegen das feudale System
entwickelt. Im 19. Jahrhundert stand der Begriff Elite als Gegenbegriff zu dem der Masse.
Das Bürgertum sah seine Macht und Ordnung durch die, mit der Industrialisierung entste-
henden stádtischen Massen gefáhrdet. Die klassische Elitentheorien von Mosca, Michels
und Pareto entstanden auf diesem Hintergrund, die spáter eine zentrale ideologische
Grundlage für den aufkommenden Faschismus und dem dazugehórigen Führerprinzip in
Italien und Deutschland darstellten (Hartmann 2004: 9).
Nach dem zweiten Weltkrieg setzte sich vermehrt der in den USA verbreitete Begriff der
Funktionselite durch. Eliteforscher wie Mannheim, Dahrendorf, Field und Higley oder Kel-
ler können als Vertreter dieses Ansatzes bezeichnet werden. Zwei Grundannahmen, so
Hartmann sind den verschiedenen Ausprägungen gemein: In modernen Gesellschaften
treten anstelle einer einheitlichen herrschenden Klasse, „einzelne, miteinander konkurrie-
rende funktionale Teileliten an der Spitze der wichtigen gesellschaftlichen Bereiche“
(Hartmann 2004: 71) auf. Der Begriff der Eliten gilt in der soziologischen wie auch der poli-
tologischen Forschung als eine analytische Kategorie, die jene Personengruppen in Spit-
zenpositionen von Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Justiz, Wissenschaft und Kultur erfassen
soll, die laut Scháfers ,Einfluss auf Struktur und Wandel der Gesellschaft bzw. ihre funkti-
onal differenzierten Bereiche haben“ (Schäfers 2004: 6). Die zweite geteilte Annahme be-
trifft den Zugang zu diesen Teileliten. Anstelle der Vererbung einer Eliteposition bestimmt
die individuelle Leistung den Zugang zu den jeweiligen Elitepositionen. Die Leistungskrite-
rien sind sektorspezifisch. Mit entsprechender Leistung steht so jedem den Zugang zu
Teileliten offen. Das beobachtete Übergewicht oberer Schichten in den Eliten wird durch
den Besuch besserer Bildungsinstitutionen erklärt (Hartmann 2004: 71).
Die sozialwissenschaftliche Elitenforschung befasst sich im Kern mit Elitenrekrutierung,
Elitenhandeln und Elitenmacht. Fragen der Rekrutierungsmerkmalen und Karrierewegen,
sprich dem Zugang zu Eliten sowie deren Offenheit bzw. Geschlossenheit stehen im be-
sonderen Erkenntnisinteresse. Gefragt wird ebenfalls nach den jeweiligen Kontakt- und