Foundation Governance bei privatnützigen und gemeinnützigen Stiftungen
kann der Stifter somit die Ausgestaltung und die Akteure des Kontroll- und Aufsichtssystems bestim-
men. Die enorme Bandbreite der für eine optimale Governance zur Verfügung stehenden Mechanismen
hebt Liechtenstein im Wettbewerb zwischen den Stiftungsrechtsordnungen in Europa hervor.?
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, am Beginn die unterschiedlichen Entstehungsvoraussetzungen ei-
ner liechtensteinischen Stiftung in Abhängigkeit von der gemeinnützigen oder privatnützigen Zweck-
bestimmung aufzuzeigen und die neu geschaffene Foundation Governance im Stiftungsrecht — unterteilt
in interne und externe Foundation Governance - darzustellen. Daran anknüpfend sollen die Folgen einer
Zweckánderung behandelt und die Problemfelder, die sich in diesem Zusammenhang in der Praxis er-
geben, kritisch hinterfragt werden. In einem weiteren Teil werden einzelne Fragen aufgegriffen, die in
der Praxis immer wieder Anlass zu Diskussionen geben.
2. Errichtung einer liechtensteinischen Stiftung
2.1 Stiftungszweck
Der Stiftungszweck wird oft als das „Herzstück“ der Stiftung bezeichnet, da der Zweck — neben der
Rechtspersönlichkeit, der Vermögenswidmung und der Organisation — das prágende Merkmal einer
Stiftung ist.”
Der Zweck der liechtensteinischen Stiftung 1st auf die Perpetuierung des Stifterwillens ausgerichtet, was
seinen plastischen Ausdruck in dem vom OGH in stRsp judizierten sogenannten ,,Erstarrungsprinzip^
findet?! So muss der Zweck einer Stiftung einer Willensáusserung des Stifters entstammen und in seinen
Grundzügen in der Stiftungsurkunde umschrieben werden.’ Zu diesen Grundzügen gehórt auch die Um-
schreibung des Destinatárkreises?, denn die Destinatáre bzw. die Begünstigten sind die Adressaten des
Stiftungszwecks. Ohne Begiinstigte kann eine Stiftung nicht bestehen.?
Gemäss Art. 552 § 2 PGR kommen als Stiftungszwecke gemeinniitzige oder privatniitzige Zwecke in
Betracht. Die Reform des Stiftungsrechts wurde zum Anlass genommen, eine Definition des privatrecht-
19 Schurr, PSR 2010, 64.
20 Schurr, Gemeinnützige Stiftungen in Liechtenstein — Tradition und aktuelle Entwicklungen, Stiftung & Sponsoring (Son-
derausgabe 2015) 2.
21 OGH 06.09.2001, LES 2002, 94.
22 OGH 29.01.1990, LES 1991, 108.
23 Bosch, Stiftungsrecht 203.
24 Kalss, Die Rechtsstellung der Begünstigten der Stiftung im internationalen Vergleich, in Schurr (Hrsg), Der Generatio-
nenwechsel in der Stiftungslandschaft (2012) 2; vgl. Jakob, Die liechtensteinische Stiftung — eine strukturelle Darstellung
des Stiftungsrechts nach der Totalrevision vom 26. Juni 2008 (2009) 183, Rz. 417.