1 Für den Anfang: Kleintheater und Kleinkunst
Junge Leute in Liechtenstein, die Theater machen möchten, treten in der Regel zuerst auf der
Kleinkunstbühne auf, egal welchem Genre ihre Darbietung angehört. Durch ein Projekt von
spielfreudigen Freunden habe auch ich mich plötzlich im Kleintheater Schlösslekeller
eingefunden und bald danach dort im Barteam begonnen zu arbeiten. Mittlerweile gehöre ich
zum Kernteam, welches sich um die Organisation des Theaters kümmert. Mit den
zunehmenden Aufgaben und der Verantwortung ist auch eine grosse Begeisterung für die
verschiedenen Formen und Besonderheiten der Kleinkunst in mir gewachsen.
Zuweilen erscheint mir das Kleintheater als Gegenpol zum „grossen“ Theaterbetrieb, dann
wiederum erschliessen sich mir Gemeinsamkeiten. Im kleinen Fürstentum Liechtenstein ist
ein Vergleich der Theaterinstitutionen vielleicht einfach — auf den ersten Blick zumindest: Es
gibt ein kleines Gastspielhaus, das TAK Theater Liechtenstein, welches Theater und Musik
aus aller Welt auf seine verschiedenen Bühnen holt und auf der anderen Seite steht das schon
erwähnte Kleintheater, wo internationale und einheimische Kleinkunst gezeigt wird. Ein
Stadt- oder Staatstheater gibt es nicht. Interessant ist, dass beide Theaterhäuser von je einer
Kabarettgruppe gegründet worden sind. Erst mit der Eröffnung des ersten Theaters Ende der
1960er Jahre aus dem Geist der Kleinkunst entsteht in Liechtenstein eine institutionelle
Theatertradition.
Die Kleinkunst als Bühnenform ist wohl nirgendwo so lebendig und vielfältig wie in der
Schweiz, was auch die Autoren von „Grosse Schweizer Kleinkunst“ bemerken:
„Die Schweizer Kleinkunstszene ist in ihrer Dichte und Ausstrahlung eine weltweite
Besonderheit. Die seit den 1950er und 1960er Jahren als Alternative zu den Stadttheatern
entstandenen kleinen und kleinsten Bühnen gaben Kleinkünstlern eine eigene Plattform und
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beeindrucken seit Jahrzehnten durch ihre Lebendigkeit und künstlerische Vielfalt.
Kleinkunst umfasst eine Vielzahl von Genres respektive von verschiedenen Auftrittsformen;
Mischformen gibt es häufig. Die Künstlerinnen und Künstler entwickeln ihre Programme
meistens in Eigenregie, weshalb ständig neue Formen entstehen.”
Auftritte von Kleinkünstlern zeichnen sich besonders durch ihre Nähe zur Lebenswelt der
1 Bissegger, Peter; Hauzenberger, Martin u. Veraguth, Manfred: Grosse Schweizer Kleinkunst. Zürich 2010, S.
7.
2 Veraguth, Manfred: Kleinkunst. Im Zelt und an der Bórse. In: Kotte, Andreas (Hg.): Bühne & Büro.
Gegenwartstheater in der Schweiz. Zürich 2012, S. 227.