Volltext: Berufszufriedenheit der Lehrpersonen im Fürstentum Liechtenstein im Fokus von Schulgeschichte und Schulentwicklung

Der vom Landesschulrat bestellte „Schulkommissär, (...) der in der Regel aus der Landes- 
geistlichkeit genommen wird " (Art.13) und „einen eigenen Amtsstempel führen“ darf (Art. 18), 
ist im modernen Sinn auch mit der Schul- und Unterrichtsevaluation betraut: u.a. gehört zu 
seinen Aufgaben, dass er ,jeder Lehrperson den (jáhrlichen) Befund über den Stand ihrer 
Schule schriftlich zur Kenntnis zu geben hat" (Art 17 /1), wozu er angehalten ist wenigstens 
einmal wáhrend der Zeit der Winterschule sámtliche Schulen des Landes zu besuchen, de- 
ren Stand einlásslich zu prüfen und über das Prüfungsergebnis einen umfassenden Bericht" 
zu verfassen (ebd.). Er dürfte für die Lehrpersonen ein wichtiges Kontrollorgan dargestellt 
haben. 
Der Klerus stellt nicht nur den Schulkommissár des Landesschulrats; der jeweilige Dorfpfar- 
rer ist auch ,zugleich Lokalinspektor und führt als solcher die unmittelbare Aufsicht über die 
Ortsschule" (Art. 30). Der damit offensichtliche grosse Einfluss der katholischen Geistlichkeit 
auf den Schulalltag der Lehrpersonen lässt sich auch aus der Tatsache ableiten, dass der 
Pfarrer — nicht etwa der Gemeindevorsteher — auch den Vorsitz des Gemeindeschulrats in- 
nehatte. 
Der ausgeprágte Stellenwert der katholischen Geistlichkeit steht zunachst etwas im Wider- 
spruch zu einer Aussage Fends, dass es ,in der Schweiz (...) sehr viel früher als in Deutsch- 
land (gelang), Staat und Kirche zu trennen" (Fend 2006, S.181). Liechtenstein hatte zu jener 
Zeit durch die Zoll- und Wáhrungsunion bereits eine enge Anbindung an die Schweiz. Bei 
näherer Betrachtung muss aber zur Kenntnis genommen werden, dass der katholischen Kir- 
che in Liechtenstein bis in die Gegenwart ein hoher Stellenwert zukommt.?* 
4.5.4 Spannungsfeld Personalmanagement: Obliegenheiten des ,Schulschriftführers" 
Der Schulschriftführer ist ein Vorgángermodell der spáteren Schulleitung. Er ist stimmbe- 
rechtigtes Mitglied des Gemeindeschulrates. Im Hinblick auf die Gegenwart bemerkenswert 
ist die Tatsache, dass die Schulleitung seit 2004 nur noch mit beratender Stimme im Ge- 
meindeschulrat vertreten ist.® Dem Schulschriftführer mag mit der gesetzlichen Aufgabe der 
Protokollführung (Art. 27 /2) auch ein gewisses Machtpotential zugekommen sein. 
Den ,Obliegenheiten des Schulschriftführers" war bereits ein ausführlicher Artikel gewidmet 
(Art. 32). In den Verantwortungsbereich des Schulleiters fielen u.a. die , Vorlage der Stunden- 
und Unterrichtspláne", die Begründung der , Verhinderung, Verlegung oder Ausfall im Unter- 
richt von Seite der Lehrpersonen" oder die ,Einberufung der (lokalen) ordentlichen Schulkon- 
  
$5In der Verfassung heisst es noch heute: ,Die rómisch-katholische Kirche ist die Landeskirche und 
geniesst als solche den vollen Schutz des Staates" (Verfassung des Fürstentums Liechtenstein LGBI 
1921/15, Art. 37). Bis 2003 war auch unter dem Hauptstück ,Über den Landesfürsten" noch geregelt: 
Seine Person ist geheiligt und unverletzlich" (ebd., Art 7/2: Onlineverzeichnis 14) 
?6Siehe aktuelle Fassung der Schulorganisationsverordnung, LGBI 2004/154, Art.110a/1: Onlinever- 
zeichnis 17). 
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