gezieltes Mittel der harmonischen Steigerung. Die chromatischen Bildungen in
Rheinbergers Werken um die Mitte der 1860er Jahre gelten als Ausnahmen.“ Im
Allgemeinen gilt diesbezüglich wohl das was Theodor Kroyer schreibt: „Rheinberger ist
ein Musiker, der seine Harmonik innerlich erlebt und zu einer individuellen Sprache
ausbildet, die freilich nicht alsogleich sinnfüllig wird, weil sie eben so natürlich sich
bewegt. [...] Sie ist klassisch.?!
Klangschónheit steht für Rheinberger an oberster Stelle. Aus einem Brief Rheinbergers
an seinen ehemaligen Schüler Josef Renner kritisiert er die fehlende Sangbarkeit und
Klangschónheit und schreibt: , Sodann Sangbarkeit und Klangschónheit! Ohne
dieselben hat die Musik keine Berechtigung! Rheinberger geht von der elementarsten
KlangáuDerung des Menschen aus, der Stimme. Der vierstimmig gemischte Chorsatz
gilt für ihn als Ideal:
Der vierstimmige Tonsatz ist der naturgemáüBe Satz in der Tonkunst. Darum musizieren wir so
vielfach vierstimmig auch auf dem Klavier, in der Kammermusik und im Orchester. Dabei liegt ein
Vergleich mit den vier menschlichen Stimmen nahe. Der vierstimmige Satz ist also bei jeder
Komposition wohl eine Hauptsache und muss den Kontrapunktisten gleichsam zur zweiten Natur
werden und in Fleisch und Blut übergehen.“
Zusammengefasst enthalten die von Rheinberger geäußerten Grundsätze folgende
Prinzipien: Für alle Stimmen soll vorwiegend die Mittellage verwendet werden, die
Männerstimmen sollen nicht extrem tief erklingen, wenn die Frauenstimmen
gleichzeitig extrem hoch erklingen, der Bass soll sich stets melodisch bewegen, der
Tenor soll sich nicht zu sehr über den Bass er heben, aber auch nicht zu tief erklingen.
Das Ideal ist etwa eine Oktave unter dem Sopran, die tiefsten Regionen klingen im forte
meist tonlos, die höchsten Töne können nur im forte angewendet werden und
schließlich dürfen extrem hohe und extrem tiefe Töne nur sehr kurz anklingen.
? Vgl. Hanns Steger, Vor allem Klangschónheit, S. 184-188.
*! Theodor Kroyer, Joseph Rheinberger, Ungeiind. Neudr. d. 1. Ausg., Buren 1986
S. 164, (Bibliotheca organologica 78).
7 Josef Rheinberger an Josef Renner, 16. Januar 1896, in: Josef Gabriel Rheinberger, Briefe und
Dokumente seines Lebens, Bd. 7, hg, von Harald Wanger und Hans-Josef Irmen, Vaduz 1986, S. 50.
? Karl Wendl, Josef Rheinberger. Spüne und Spünchen aus der Künstlerwerkstatt eines groflen Meisters,
in: Die Musik Nr. 31/8 1939, S. 537.
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