chung entweder von Seiten des EGMR oder des Staatsgerichtshofes früher oder später eine
Änderung erfährt.”
Resümee:
Die vorgestellten Fallbeispiele sollen das Einwirken der EMRK auf die liechtensteinische
Grundrechtsdoktrin veranschaulichen: Dank einer EMRK-freundlichen Judikatur des Staats-
gerichtshofes werden die liechtensteinischen Grundrechte im Lichte der vergleichbaren Rege-
lungen der EMRK interpretiert. Die in den Grundrechten der liechtensteinischen Verfassung
enthaltenen weitreichenden Schranken werden durch eine an der Rechtsprechung des EGMR
orientierte Interpretation deutlich eingeengt.
Andererseits werden aber weiterreichende Garantien des liechtensteinischen Grundrechtskata-
loges nicht aufgegeben, die EMRK bildet vielmehr einen Mindeststandard des Grundrechts-
schutzes, der in vielen Fällen durch den liechtensteinischen Grundrechtskatalog überschritten
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wird.
Es kommt somit zu einem Dialog der Grundrechtsebenen, der zu einer Konvergenz des
Grundrechtsschutzes fiihrt, ohne dass bereits erreichte Standards aufgegeben werden.
b) die Charta der Grundrechte der Europdischen Union
Was die Grundrechtecharta betrifft, so gilt diese lediglich innerhalb der Europäischen Union
und entfaltet im EWR keine unmittelbare Rechtswirkung.” Der Staatsgerichtshof hat denn
auch bereits ausgesprochen, dass „der blosse Umstand, dass der Beschwerdeführer auch in
einem Mitgliedstaat der Europäischen Union eine berufliche Niederlassung hat, nicht hinrei-
chen kann, die unmittelbare Anwendbarkeit der Europäischen Grundrechtecharta auch im
EWR zu bewirken.'??
?^ Vgl. dazu auch Wille, Verteidigung, S. 443 f.
?6 Gemáss Art. 53 EMRK darf die Konvention nicht so ausgelegt werden, als beschränke oder beeinträchtige sie
Menschenrechte und Grundfreiheiten, die in den Gesetzen eines Mitgliedstaats oder in einer anderen Überein-
kunft, deren Vertragspartei er ist, anerkannt werden. Diese Vorschrift belásst den Verfassungen der Mitglied-
staaten Spielraum, ein hóheres Schutzniveau als nach der EMRK zu garantieren (vgl. Christoph Grabenwar-
ter/Katharina Pabel, Europáische Menschenrechtskonvention, S. 13 Rz 14).
” Gemäss Art. 6 Abs. 1 EUV werden durch die Bestimmungen der Charta die in den Verträgen festgelegten
Zuständigkeiten der Union in keiner Weise erweitert. Diese Bestimmung findet sich inhaltsgleich in Art. 51 Abs.
2 GRC wieder.
° StGH 2012/157, Erw. 2.