Deutschland vom Finanzplatz zurückgezogen, in den das Unternehmen bereits kräftig
investiert hatte.
Die deutsche Steueraffäre und ihre Behandlung in den untersuchten (und wahrscheinlich nicht
nur dort) Medien haben bestehende Zweifel und Vorurteile am Gesellschaftssystem deutlich
aufgezeigt. „Das Wort ‚Liechtenstein’ fasst auf einmal einen Haufen deutscher Probleme
zusammen", erklárte der SPIEGEL in seiner Ausgabe vom 25.2.2008 (S. 74). Der Titel dieses
Artikels ,,Gesucht: Staatsfeind Steuersünder* lásst vermuten, dass es dem Staat in erster Linie
um die Einschüchterung von Steuersündern geht.
Wenn wir allerdings davon ausgehen, dass das Ziel von Kommunikation — nicht nur, aber
auch - zwischen Staaten die Durchsetzung der eigenen Interessen ist, und dies durch Issue
Management und Agenda Setting geschieht, so kónnen wir aus der vorliegenden Dokumen-
tenanalyse ersehen, dass der seit Jahren stattfindende Reformprozess auf dem liechtensteini-
schen Finanzplatz — der bis dato bedauerlicherweise, aber der Mentalität der Liechtensteiner
gemäß - „Wir kommunizieren erst, wenn alles unter Dach und Fach ist und auch dann nur
unserer Kleinheit entsprechend, also nicht zu laut und eher bescheiden“ - viel zu wenig und
viel zu schüchtern kommuniziert wurde, nun allseits bekannt und vielleicht auch noch
beschleunigt wurde. So gesehen wäre die Steueraffäre ein Gewinn für beide Seiten. Die
Vorurteile gegenüber Liechtenstein und ein schaler Beigeschmack bleiben aber bestehen.
7.2 Kommunikation zwischen Staaten
Die Arbeit hat für den konkreten Fall Liechtenstein und die deutsche Steueraffäre“ bestätigt,
dass die Kommunikation zwischen Staaten über die klassische und die Public Diplomacy
hinaus zunehmend über die Medien stattfindet. Die staatlichen Regierungen bedienen sich
dabei immer ófter jener Kommunikationsinstrumente, die ursprünglich für Unternehmen
gedacht waren, insbesondere Issue Management und Agenda Setting. Der Bereich Krisen-
kommunikation fállt mangels theoretischer Grundlagenforschung (noch) in den Bereich des
Issue Management und wird in diesem Rahmen diskutiert.
Staaten stehen zunehmend nicht nur allgemein in Konkurrenz um Aufmerksamkeit (z.B. in
internationalen Organisationen), um ihre politischen Ziele durchzusetzen, sondern auch ver-
mehrt in Konkurrenz um Aufmerksamkeit bei den Medien. Medien haben hier, wie auch bei
anderen Organisationen, ,,Gatekeeper-Funktion".
Auch hat sich in der Arbeit gezeigt, dass politische Systeme mächtige Akteure beim Setzen
óffentlicher Agendas sind. Offensichtlich ist es leichter für deutsche politische Akteure, ihre
Agenden und Meinungen in die deutschen Printmedien zu bringen. Es hat sich allerdings auch
gezeigt, dass es für liechtensteinische politische Akteure ebenso móglich war ihre Meinungen
in deutschen Printmedien zu platzieren. Insbesondere, wenn es sich um prominente Akteure
handelte oder die Aussagen kernig genug waren. Die Medien machen nach Einschátzung der
Verfasserin auch zunehmend weniger Unterschied zwischen Vertretern von Staaten und
Vertretern der Privatwirtschaft. Der früher erkennbare Respekt in der Kommunikation mit
und gegenüber ersteren scheint angesichts des allgemeinen Trends der Hierarchieverflachung
etwas zurückgetreten zu sein.
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