Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

immer wieder Erwägungen angestellt, die einem Verfassungsgericht 
vorbehalten sind39^^, Aber auch die Regierung hat, und zwar vor al- 
lem in jüngster Zeit, den Versuch unternommen, in Dománen einzu- 
dringen, die in die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes fallen3645. 
Der Verantwortung, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, 
wird sich der Staatsgerichtshof nicht entziehen kónnen. Seiner Stel- 
lung als Verfassungsgerichtshof Respekt zu verschaffen, entspricht 
nichts anderem als der ihm von Verfassung und Gesetz übertragenen 
Aufgabe. Weicht der Staatsgerichtshof diesem Auftrag aus, wird eine 
Erosion seiner Autoritát nicht zu vermeiden sein. An der Schwelle 
zur Verfassung vom 16. März 2008 ist diese Aussicht brisanter denn je. 
Fazit und Ausblick 
In seiner Praxis zum Verháltnis zwischen dem Vólkervertrags- und 
dem Landesrecht hat der Staatsgerichtshof mehrere Entwicklungs- 
schritte zurückgelegt, die einer Stárkung der Rechtsposition der Ein- 
zelnen durch zusátzliche Rechtsschutz- und Rechtssicherheitsgaran- 
tien galten. 
Im Rahmen dieser nicht dogmatisch, sondern pragmatisch ange- 
legten Rechtsfortbildung sind den Rechtsunterworfenen jene Mittel 
bereitgestellt worden, die es diesen ermöglichen, sich gegen vólker- 
vertragsrechtswidrige Gesetzgebungs- und Vollzugsakte des Landes 
und seiner Institutionen ebenso zur Wehr zu setzen wie gegen ver- 
fassungswidrige. Im Einklang mit jenen Anforderungen, die sich aus 
dem Imperativ einer Wahrung der internationalen Stellung Liechten- 
steins ergeben, hat der Staatsgerichtshof die beiden Rechtsinstitute 
der Verfassungsbeschwerde (Grundrechtsrüge) und der Normenkon- 
trolle auch gegen eine Verletzung des Völkervertragsrechts zur Ver- 
fügung gestellt. Der Erfolg dieser Praxis besteht in einer Integration 
des Landes- und des Völkervertragsrechts in einem einheitlichen und 
- vor allem — in einem in sich geschlossenen und nur aus diesem Grun- 
de funktionierenden Rechtsschutz- und Rechtssicherheitssystem. Die 
3644 Ein Beispiel hierfür sind die Entscheidungen VBI 1997/17 und VBI 1997/85, siehe hierzu VBI 
1997/7, Jus&News 2/1998 S. 148ff sowie VBI 1997/85, Jus&News 2/1998 S. 186ff. In VBI 
1997/17 ist die VBI auf die Frage nach dem Bestand und Inhalt von Verfassungsschranken 
eingegangen, vor denen (auch) der Abschluss und Vollzug völkerrechtlicher Verträge Halt zu 
machen hat; in VBI 1997/85 hat die VBI das ‚monistische System’ als einen Teil der liechten- 
steinischen Verfassungsordnung bezeichnet und daraus das Vorrangprinzip im Verhältnis 
zwischen dem EWR- und dem Landesrecht abgeleitet. 
3645 Siehe hierzu das 13. Kapitel Pkt. 5 sowie das 14. Kapitel Pkt. 4.2. 
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