5. Oktober 1921 hinaus9939, Trotz dieser Vorbehalte ist die
Frage nach dem Bestand und Inhalt von Staatsvertragsschran-
ken vor allem dort relevant, wo sie die Rechtsnatur und die
Ein- und Durchführung des Vólkervertrags- im Landesrecht
berührt: Von einer Antwort auf diese Frage hángt unter ande-
rem ab, ob ein vólkerrechtlicher Vertrag supranationales Recht
begründet (so wie die Wirtschaftsvertráge) oder nur Vól-
ker(vertrags-)recht (so wie das EWRA)3640,
Kritik
In seiner Praxis zum Verháltnis zwischen dem Vólkervertrags- und
dem Landesrecht hat der Staatsgerichtshof mit der Entwicklung, wie
sie sich in den vergangenen dreissig Jahren sowohl quantitativ (An-
zahl der von Liechtenstein abgeschlossenen vólkerrechtlichen Ver-
tráge) als auch qualitativ (Charakter einzelner dieser Vertragswerke
als verfassungsándernde bzw. -ergánzende vólkerrechtliche Vertrà-
ge) ergeben hat, Schritt gehalten. Diese Praxis hat vor allem der Tat-
sache Rechnung getragen, dass das Vólkervertragsrecht immer mehr
auch solche Regelungen trifft, die im Landesrecht unmittelbar an-
wendbar sind. Bestimmungen vólkerrechtlicher Vertráge, durch die
die Rechtsunterworfenen ohne weiteres berechtigt und verpflichtet
werden, dominieren die Rechtsposition der Einzelnen vor allem
dann, wenn Landesrecht fehlt oder wenn es dem Vólkervertragsrecht
widerspricht.
Rechnung getragen hat der Staatsgerichtshof aber auch dem
Umstand, dass Rechtsschutz und Rechtssicherheit unabhängig davon
zu gewährleisten sind, ob die Vereinbarkeit des Landes- mit dem
(geschriebenen oder ungeschriebenen) Verfassungs- oder mit dem
Völkervertragsrecht in Frage steht. Beide Rechtsordnungen (das
Landes- und das Völkervertragsrecht) bilden gleichberechtigte Teile
der liechtensteinischen Verfassungsordnung. In den Fállen einer Nor-
menkollision geht das Vólkervertrags- dem Landesrecht vor.
In seiner Praxis hat der Staatsgerichtshof der Tatsache einer
,zunehmende(n) Internationalisierung der modernen Lebensverhàált-
nisse”3%41 also entsprochen und das Rechtsstaatsprinzip auch an der
Schnittstelle zwischen dem Vôlkervertrags- und dem Landesrecht
3639 Siehe hierzu das 24. Kapitel Pkt. 3.1.1 sowie das 25. Kapitel Pkt. 3.1.1.
3640 Siehe hierzu das 10. Kapitel Pkt. 4.1.2 sowie das 25. Kapitel Pkt. 3.2.2.
3641 StGH 1987/11, n. publ., Pkt. 3 der Entscheidungsgründe, S. 5 des Entscheidungstextes.
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