Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

richtshofes aufgrund jener Praxisänderung möglich sind, zu der es in 
StGH 1998/453476 durch die Anerkennung ungeschriebenen Verfas- 
sungsrechts in der liechtensteinischen Verfassungsordnung gekom- 
men ist3477. 
Wird dieser Option gefolgt, ist darauf hinzuweisen, dass sich 
StGH 1998/61 weder auf eine (explizit oder implizit genannte) Ver- 
fassungs- oder Gesetzesbestimmung noch auf die Lehre oder auf ir- 
gendeine andere Erkenntnisquelle gestützt oder auch nur bezogen 
hat: Die Erwägung, „der Vorrang des EWR-Rechts vor dem Landes- 
recht (müsste) dort seine Grenze haben, wo Grundprinzipien und 
Kerngehalte der Grundrechte der Landesverfassung tangiert wür- 
den”3478, tritt in StGH 1998/61 mehr oder weniger unvermittelt und — 
wohlgemerkt — auch ohne Referenz auf das in StGH 1993/4 bestétigte 
Wort von StGH XIII./1947-1954 in Erscheinung, nach dessen Mass- 
gabe die ,Ueberprüfung eines Staatsvertrages .. auf seine Verfas- 
sungsmássigkeit" dem Staatsgerichtshof von Verfassungs- und Ge- 
setzes wegen ,entzogen"9^7? ist. Bei StGH 1998/61 handelt es sich 
um eine Neuausrichtung, ohne dass dieser Umstand in irgendeiner 
Art und Weise hervorgehoben wird. Um den Stellenwert von StGH 
1996/81 im Rahmen der durch die LV und das StGHG begründeten 
Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes einzuschätzen, muss vor die- 
sem Hintergrund an Deutungen nicht innerhalb, sondern ausserhalb 
von StGH 1998/61 angeknüpft werden. Einen Anhaltspunkt hierfür 
liefert StGH 1998/45. 
In StGH 1998/45 hat der Staatsgerichtshof nicht nur sein obiter 
dictum einer Ablehnung ungeschriebenen Verfassungsrechts?^90 auf- 
gegeben, sondern auch dem ,strapaziósen Modell" einer auf dem 
, Dogma" der ,Geschlossenheit des Rechtsquellensystems" beruhen- 
den liechtensteinischen Verfassungsordnung ,eine endgültige Absa- 
ge erteilt^3481 und auf dieser Grundlage erklärt, es erscheine ,ange- 
bracht“, dass er ,für den Einzelnen fundamentale, im Verfassung- 
stext nicht erwáhnte Rechtsschutzbedürfnisse direkt als ungeschriebene 
3476 StGH 1998/45, Jus&News 3/1999 S. 243ff sowie LES 1/2000 S. 1ff. 
3477 Siehe hierzu Hoch (Grundrechtsprechung) S. 76ff. 
3478 StGH 1998/61, LES 3/2001 S. 130. 
3479 StGH XIII./1947-1954, ELG 1947-1954, S. 206. 
3480 So Hoch (Verfassung- und Gesetzgebung) S. 209 unter Verweis auf StGH 1970/2, ELG 
1967-1972 S. 259. 
3481 Kley (Kommentar) S. 256f. 
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