Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

(handfesten) Rückschritt verwandelt: Scheint der Staatsgerichtshof in 
StGH 1998/61 die Normenkontrolle zunächst um eine Überprüfbar- 
keit von EWR-Recht auf seine Verfassungs- bzw. EMRK-Mässigkeit 
erweitert zu haben, engt er den Zugang (der Rechtsunterworfenen) 
zur dieser im gleichen Atemzug nicht nur auf die Fälle einer ‚beson- 
ders krassen' Rechtswidrigkeit, sondern auch in Bezug auf die mógli- 
chen ,Anfechtungsobjekte' (d.h. die der Normenkontrolle unterwor- 
fenen Gesetzgebungsakte) ein. 
Verfahrensfragen 
Auf der Grundlage von StGH 1998/61 stellt sich aber auch die Frage 
nach dem ridus operandi dieser Praxis: Unter welchen Voraussetzun- 
gen, unter welchen Bedingungen und mit welchem Ergebnis kann 
auf die Anfechtungsmóglichkeit nach Massgabe dieses Erkenntnisses 
zurückgegriffen werden? In welchen Fállen ist dem Staatsgerichtshof 
die Frage der Verfassungs- oder der EMRK-Missigkeit des EWRA 
oder eines anderen, von Liechtenstein abgeschlossenen vólkerrechtli- 
chen Vertrages zur Prüfung vorzulegen? 
Eine dieser Verfahrensfragen betrifft das Vorlageverhalten der 
Anderen Gerichte, auf das im náchsten Punkt eingegangen wird. Zu 
den Fragen, auf die unter diesem Punkt einzugehen ist, gehóren die 
Zulássigkeit des Prüfantrages und die Überprüfung der materiellen 
Verfassungsmässigkeit vôlkerrechtlicher Vertráge von Amtes wegen 
(,amtswegige Überprüfung). 
Die erste Frage, jene nach der Zulässigkeit des Prüfantrages, 
richtet sich auf die Anforderungen an dessen Begründung. Im Ein- 
klang mit der herrschenden Lehre%*41 hat Wille darauf hingewiesen, 
es sei „nicht nur verständlich und einsichtig, sondern auch notwen- 
dig, dass das Gericht sein Prüfungsbegehren mit einer eigenen recht- 
lichen Begründung zu versehen hat, worauf nicht verzichtet werden 
kann^9^?, Bislang habe der Staatsgerichtshof ,zur Frage ... des In- 
haltes und des Umfanges einer Begründung nicht náher Stellung be- 
zogen”; er habe jedoch „eine Begründung für hinreichend betrachtet, 
wenn vom Gericht die aus seiner Sicht für die Verfassungs- und Ge- 
setzwidrigkeit einer Vorschrift sprechenden Gründe angeführt wer- 
den 3443, 
3441 Siehe hierzu zuletzt Hófling (Vertassungsbeschwerde) S. 151ff, vor allem S. 153ff. 
3442 Wille (Normenkontrolle) S. 199. 
3443 Wille (Normenkontrolle) S. 200 sowie gleichlautend Kley (Landesbericht) S. 17. 
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