Art 7 EMRK (ist), welcher ebenfalls den Grundsatz nulla poena
sine lege enthàlt/3!32, Die ,Strassburger Organe" hátten diesen
Grundsatz ,weniger strikt ausgelegt" als er (der Staatsge-
richtshof); Art. 7 EMRK , verlangt ... nicht, dass ein Straftatbe-
stand im geschriebenen Recht enthalten. ist3133, Aus diesem
Grunde erweise sich Art. 8 des Wirtschaftsvertragsrechts-
KmG ,als im Einklang mit Art 7 EMRK"3134,
In StGH 1999/13 ist der Staatsgerichtshof vor Art. 67 Abs. 2
LV und dem Wirtschaftsvertragsrechts-KmG i.d.F. der Verfassungs-
und Gesetzesrevision aus dem Jahre 1996 also zuriickgewichen, er hat
deren Autoritát (und Massgeblichkeit als einer , konkurrierenden(n)
Verfassungsbestimmung in Bezug auf gemáss Vólkerrecht in Liech-
tenstein anwendbare Normen"?13 im Sinne der klassischen Deroga-
tionsregeln der lex posterior und der lex specialis) trotz seiner Weige-
rung zehn Jahre zuvor anerkannt und weder landes-, noch vólkerver-
tragsrechtlich irgendeinen Grund mehr gesehen, die von ihm in der
Vergangenheit verteidigten hohen Kundmachungsstandards auf-
rechtzuerhalten. Damit hat sich der Staatsgerichtshof von seiner jah-
re-, wenn nicht gar jahrzehntelangen stándigen Rechtsprechung zur Art
und Weise der Kundmachung vor allem des Wirtschaftsvertrags-
rechts entfernt und trotz aller Bedenken der Vergangenheit einen
neuen Weg eingeschlagen.
Neben dieser Praxisánderung, die der Staatsgerichtshof bis in
die jüngste Zeit durchgehalten hat?136, ist an StGH 1999/13 der Um-
stand erwáhnenswert, dass der Staatsgerichtshof — unter dem Ein-
druck der Verfassungs- und Gesetzesrevision aus dem Jahre 1996
(d.h. unter dem Eindruck der zweiten Reform des Kundmachungs-
rechts) - nicht mehr seine hohen Kundmachungsstandards der Ver-
gangenheit, sondern die (von ihm so gedeuteten) Minimalstandards
der EMRK?!?7 als massgebend behandelt hat.
3132 StGH 1999/13, n. publ., Pkt. 4.2 der Entscheidungsgründe, S. 11 des Entscheidungstextes
(Kursivstellung durch den Verfasser).
3133 StGH 1999/13, n. publ., Pkt. 4.2 der Entscheidungsgründe, S. 11f des Entscheidungstextes
(Kursivstellung durch den Verfasser).
3134 StGH 1999/13, n. publ., Pkt. 4.2 der Entscheidungsgründe, S. 11 des Entscheidungstextes.
3135 StGH 1999/13, n. publ., Pkt. 4.1 der Entscheidungsgründe, S. 11f des Entscheidungstextes.
3136 Siehe hierzu StGH 2002/84, n. publ., Pkt. 2.2.2 der Entscheidungsgründe, S. 19 des Ent-
scheidungstextes, wo der Staatsgerichtshof von ,inzwischen mehrfach verfassungskoform
kundgemachten schweizerischen auslánderrechtlichen Bestimmungen" spricht. Diese Rechts-
vorschriften, und zwar vor allem das ANAG, sind im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt in
vereinfachter Form kundgemacht.
3137 Siehe hierzu Art. 53 EMRK.
568