der Regierung an, „dass alle rechtsanwendenden Behörden den
,acquis communautaire' respektieren und dass die dem EWR-...Recht
widersprechenden staatlichen Akte in den Beschwerdeverfahren als
aufgehoben angesehen werden müssen“?368,
Dem Standpunkt Hochs scheint die These zu entsprechen, dass
völkervertragsrechtswidrige Bestimmungen des Landesrechts vom
Staatsgerichtshof zu kassieren sind: „Aufgrund der Einrichtung der
Verfassungsgerichtsbarkeit besteht in Liechtenstein ... ein wirkungs-
volles Prüfungsverfahren, das es dem Staatsgerichtshof erlaubt, ver-
fassungs- oder EMRK-widrige Gesetzesbestimmungen aufzuhe-
ben"?389, Thürer vertritt den Standpunkt, dass „dem Völkerrecht
widersprechendes Landesrecht ... nicht etwa nichtig, sondern bloss
im konkreten Fall nicht anwendbar (ist)", wobei dieser Standpunkt
,übereinstimmender Lehre und Praxis^?3/0 entspreche.
Die Postulatsbeantwortung geht auf die Rechtsfolgen einer Un-
vereinbarkeit zwischen dem Vólkervertrags- und dem Landesrecht
nur am Rande ein. Aus StGH 1978/8 wird dabei abgeleitet, dass „klar
ist ..., dass Vólkervertragsrecht früheren Gesetzen, spáteren oder frü-
heren Verordnungen vorgeht"?371, In Bezug auf das Verhältnis zwi-
schen Verwaltungsvereinbarungen und Landesrecht heisst es, dass in
den Fállen einer Normenkollision ,meist davon auszugehen sein
(dürfte), dass landesrechtswidrig abgeschlossenes Vólkerrecht seine
vólkerrechtliche Gültigkeit beibehált. Konflikte dieser Art sind des-
halb wenn immer móglich zu vermeiden. Gerichte und Verwal-
tungsbehórden werden aller Regel nach versuchen, ihr Landesrecht
vôlkerrechtskonform auszulegen"?372, Dies gelte auch Staatsvertrügen
gegenüber: „Ähnlich dürfte die Lage sein, wenn ein formeller ...
Staatsvertrag in Konflikt gerát mit einem spáter erlassenen Ge-
setz“2373, Auch in diesem Fall wird dadurch eine vólkerrechtskon-
forme Auslegung des Landesrechts postuliert, ,,dass man das Vólker-
recht als lex specialis zum Gesetz auffasst und es aus diesem Grunde
vorgehen lässt; oder dass man nicht von einem Konflikt zwischen
zwei gleichrangigen Normen ausgeht und der späteren Norm (der
lex posterior) Vorrang gibt, sondern dass man dem Gesetzgeber unter-
stellt, er sei stillschweigend davon ausgegangen, dass Völkerrechts-
2368 Regierung (Diskussionspapier) S. 12 (Kursivstellung durch den Verfasser).
2369 Hoch (Verfassung- und Gesetzgebung) S. 208 (Kursivstellung durch den Verfasser).
2370 Thürer (Vólkerrechtsordnung) S. 112.
2371 Postulatsbeantwortung S. 9 sowie S. 16.
2372 Postulatsbeantwortung S. 9f.
2373 Postulatsbeantwortung S. 11.
434