TEIL VIII
NORMENKOLLISIONEN - RECHTS-
FOLGEN EINER UNVEREINBARKEIT
VON VOLKERVERTRAGS- UND
LANDESRECHT
17. KAPITEL: PROBLEMATIK
Ausgangslage
In einem Rechtsstaat wie Liechtenstein ist es in erster Linie das durch
Verfassung, Gesetz und Verordnung gebildete Landesrecht, das voll-
zogen werden soll; Gebietshoheit ist in erster Linie Gesetzgebungsho-
heit. Dieser „verfassungsrechtliche Grundsatz der nationalen Sou-
veränität“2283, der in Art. 112 Abs. 1 LV als ein „Ausfluss der Staats-
gewalt“2284 in der Wendung ‚allgemein verbindlich’ zum Ausdruck
kommt??85 ist die eine Seite.
Die andere Seite ist die aussenpolitische Öffnung Liechten-
steins??86, die dem Landesrecht einen Rechtsbestand zur Seite ge-
2283 Siehe hierzu Wille (Staatliche Ordnung) S. 88 im Zusammenhang mit der Integration Liech-
tensteins in die Rechts- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Schweiz einerseits und im Eu-
ropäischen Wirtschaftsraum andererseits: „Die nationalen Behörden und Gerichte sowie die
sich auf dem Staatsgebiet befindenden Personen (können) nur durch nationale und nicht
durch Hoheitsakte einer fremden Macht gebunden werden“.
2284 StGH 1981/10, LES 1982 S. 123. Siehe zur Anwendung dieses Grundsatzes im Verhältnis
zur Rechts- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Schweiz StGH 1990/5, LES 1/1991 S. 5 so-
wie zu seiner Bedeutung als ein Problem an der Schnittstelle zwischen Monarchie und De-
mokratie Loebenstein (Stellvertretung) S. 98.
2285 Siehe hierzu Batliner (Verfassungsrecht) S. 21f.
2286 Siehe hierzu das 5. Kapitel Pkte. 2 und 3.
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