Die Ausstrahlungswirkung der EMRK auf das Landesrecht
aller Rechtsquellenstufen hat der Staatsgerichtshof in seiner Praxis
wiederholt bestátigt?!7^. So heisst es in StGH 1975/1, dass es ,ein all-
gemeiner Grundsatz (ist) und ... auch den Geboten der Artikel 6, Ab-
satz 1, und Artikel 13 der Europáischen Menschenrechtskonvention
(entspricht), dass Endentscheidungen durch Gerichte zu fällen
sind"?175, und in StGH 1997/21, dass ein solcher Effekt , bei beson-
ders wichtigen Fállen durchaus ... angezeigt" sei, ,wie dies der StGH
. in Bezug auf einzelne EMRK-Rechte oder auch hinsichtlich nicht
ratifizierter EMRK-Zusatzprotokolle angenommen“?176 habe.
In anderen Fällen — die in der Minderheit geblieben sind — hat
sich der Staatsgerichtshof sehr viel zurückhaltender gezeigt?!77 oder
eine Ausstrahlungswirkung ganz und gar ausgeschlossen?!/8, In
StGH 2000/35 wird die Móglichkeit einer Erhebung von Verfas-
sungsbeschwerden (Grundrechtsrügen) gegen ,im ordentlichen Ver-
fahren nicht anfechtbare Zwischenverfügungen"?!/? unter anderem
auch mit Blick auf das Vólkervertragsrecht (Art. 13 EMRK) und da-
mit wenn auch nicht explizit, so doch implizit auf der Grundlage ei-
ner ,Ausstrahlungswirkung' begründet; nach StGH 1999/28 ist eine
vólkerrechtliche Regelung, die in einem ,, Ausnahmefall" eine ,'über-
schiessende Tendenz' ... gegenüber dem Landesrecht“2180 aufweise,
„bei der Handhabung der korrespondierenden innerstaatlichen Nor-
men im Sinne einer teleologischen Auslegung mitzuberücksichti-
gen”2181,
2174 Siehe hierzu Hôfling (Grundrechtsordnung) S. 29 m.w.H. unter anderem auch auf die Praxis
des Staatsgerichtshofes.
2175 StGH 1975/1, ELG 1973-1978 S. 379.
2176 StGH 1997/21, LES 5/1998 S. 292.
2177 StGH 1998/1, n. publ., Pkt. 3.4 der Entscheidungsgründe, S. 11 des Entscheidungstextes
unter Bezugnahme auf StGH 1996/6.
2178 Siehe hierzu StGH 1987/12, LES 1/1988 S. 6, wo es in Bezug auf Art. 6 EMRK heisst, dass
jene Bestimmung ... im Übrigen nicht weiter (geht) als Art. 34 Abs. 1 der liechtensteinischen
Verfassung, und ... daher auch nicht mittelbar, im Sinne einer Interpretationshilfe, zu einer
Auslegung der landesrechtlichen Gewáhrleistung des Privateigentums herangezogen werden
(kann)".
2179 StGH 2000/35, n. publ., Pkt. 1.2 der Entscheidungsgründe, S.13f des Entscheidungstextes.
Siehe zur Bestátigung dieser Praxis unter anderem mit dem Argument der Verfahrensókono-
mie StGH 2000/27, n. publ., Pkt. 1.2 der Entscheidungsgründe, S. 9 des Entscheidungstex-
tes.
2180 StGH 1999/28, LES 1/2003 S. 8.
2181 StGH 1999/28, LES 1/2003 S. 8.
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