diesen Ansatz bereits im Jahre 1997 gewählt”, und auch der OGH
ist auf den Grundsatz einer völkerrechtskonformen Auslegung des
Landesrechts immer wieder zurückgekommen?94?,
In StGH 1989/16 und in StGH 1990/3 hat der Staatsgerichts-
hof festgestellt, dass „Auslegungsregeln, die sich auf den klaren
Wortlaut und die Absicht des (historischen) Gesetzgebers berufen, ...
heute ohne Seitenblick auf das Verfassungsrecht und das Recht der
EMRK nicht auskommen (können). Die Auslegung des Gesetzes-
rechts hat sich demnach auch an Verfassung und EMRK zu orientie-
ren. Gerade mit dem Instrument der verfassungs- bzw. konventions-
konformen Auslegung können Widersprüche vermieden wer-
den“2043
Vor diesem Hintergrund ist auf die Vermittlungsfunktion des
Gebots einer völkerrechtskonformen Auslegung des Landesrechts
hinzuweisen, die vom Staatsgerichtshof anerkannt worden ist und
deren zentrale Bedeutung an der Schnittstelle zwischen diesen bei-
den Rechtsordnungen vor allem darin besteht, ein Mittel für eine Be-
seitigung von Normenkonflikten zur Verfügung zu stellen? Dement-
sprechend obliegt das Gebot der völkerrechts- ebenso wie jenes der
verfassungskonformen Auslegung des Landesrechts?°*5 ,jedem Ge-
richt beziehungsweise jedem rechtsanwendenden Organ”; seine
„Handhabung steht nicht nur dem Staatsgerichtshof zu“2%46. Es
„beinhaltet“, dass ein formelles Gesetz oder eine Verordnung dann
als völkerrechtsmässig zu behandeln ist, „wenn es bei mehreren
Deutungsmöglichkeiten auch eine Auslegung zulässt, bei der sich
kein Widerspruch“?947 zur LV oder zum Vólkervertragsrecht ergibt.
Die Rechtfertigung dieses Imperativs liegt im Gedanken der
Normenhierarchie einerseits und im Postulat einer Einheit der Rechts-
ordnung andererseits begründet?09^$; an der Schnittstelle zwischen
dem Vólkervertrags- und dem Landesrecht geht sie auf die sowohl
2040 In StGH 2000/27, n. publ., Pkt. 2.1 der Entscheidungsgründe, S. 11 des Entscheidungstextes,
hat der Staatsgerichtshof das Gebot der vólkerrechtskonformen Auslegung des Landesrechts
in Bezug auf die EMRK aus Art. 23 Bst. b SIGHG abgeleitet.
2041 VBI 1997/17, LES 4/1998 S. 209ff.
2042 Siehe hierzu z.B. das Urteil vom 3. Mai 2000, OGH 1 Ur 127/99-23, LES 4/2000 S. 225.
2043 StGH 1989/16 und 1990/3, n. publ., Pkt. J. der Entscheidungsgründe, S. 20 des Entschei-
dungstextes.
2044 StGH 1989/16 und 1990/3, n. publ., Pkt. J. der Entscheidungsgründe, S. 20 des Entschei-
dungstextes.
2045 Siehe hierzu StGH 1996/36, LES 4/1997 S. 215.
2046 Wille (Normenkontrolle) S. 308.
2047 Wille (Normenkontrolle) S. 308.
2048 Wille (Normenkontrolle) S. 308.
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