Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

4.1.3.2 
nichts anderem führen, als das Völkervertrags- und das Landesrecht 
als zwei unterschiedliche und voneinander getrennte Rechtsordnungen 
zu behandeln, zwischen denen keine Berührungspunkte (‚Schnitt- 
stellen’) bestehen. Dies kann dem Willen der LV, die sich der „Ein- 
heit der Rechtsordnung“ 1925 ebenso wie dem Monismus verschrieben 
hat, jedoch nicht entsprochen haben noch entspricht dies der Praxis 
des Staatsgerichtshofes, der die „Durchgriffswirkung“ 1926 und die 
„Suprematie“ 1927 des EWR- und damit des Völkervertragsrechts oh- 
ne weiteres festgestellt hat. 
Unter diesem Verständnis ist im Geltungsbereich von Art. 114 
LV nicht nur eine ‚Verfassungsgewähr’, sondern, im Einklang mit 
den Art. 26 und 27 WVRK, auch eine Völkervertragsrechtsgewähr (das 
Vorrangprinzip) anzuerkennen!9?8, und zwar — nochmals - im Range 
eines Grundprinzips der liechtensteinischen Verfassungsordnung. 
Vorrangprinzip und Rechtsstaatsgewáhr 
Das Rechtsstaatsprinzip bildet ein weiteres Grundprinzip der liechten- 
steinischen Verfassungsordnung!??9, Nach Epiney beansprucht es 
„für jedes staatliche Verhalten Geltung" und muss - dementspre- 
chend — „auch auf solche Tätigkeiten ... Anwendung finden, die im 
Hinblick auf die Bildung völkerrechtlicher Normen erfolgen“ 1950, 
Von diesem Grundsatz ausgehend hebt Epiney zweierlei her- 
vor: Zum einen, dass die beiden (völkerrechtlichen) Prinzipien der 
Gegenseitigkeit und der Vertragstreue bei der Auslegung und An- 
wendung des Rechtsstaatsprinzips „auf das völkerrechtliche Han- 
deln der Staatsorgane berücksichtigt werden (müssen)^19?! und zum 
anderen, „dass man an die einmal gesetzten Normen gebunden ist, 
so dass sie nur in dem Verfahren, in dem sie erlassen sind, wieder 
aufgehoben werden können“ 1932 (Grundsatz der „Parallelität der 
Formen für die Schaffung und Aufhebung von Normen“ 1933), 
1925 StGH 1979/3, LES 1981 S. 110. 
1926 StGH 1995/14, LES 3/1996 S. 122. 
1927 StGH 1998/9, LES 3/1999 S. 183. 
1928 Im gleichen Sinne, wenn auch vor einem anderen Hintergrund, wohl Thürer (Vólkerrechtsord- 
nung) S. 112, wenn von dem ,konstitutiven ... Stellenwert" des Vólkervertragsrechts für die 
Staatlichkeit Liechtensteins die Rede ist. 
1929 Wille (Normenkontrolle) S. 286. 
1930 Epiney (Primat) S. 554. 
1931 Epiney (Primat) S. 555. 
1932 Epiney (Primat) S. 554. 
1933 Epiney (Primat) S. 557. 
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