mit ihr die Staatlichkeit Liechtensteins überhaupt - immer mehr
durch ihre Integration in eine ,Uberverfassung’ volkerrechtlicher Bindun-
gen konstituiert, ist nicht zu bestreiten. Dieser Einsicht ist Rechnung
zu tragen.
Eine solche Bestátigung ist aber auch deshalb zu fordern, weil
sie den Grundlagen, d.h. den Grundsátzen und Maximen ebenso wie
dem Ergebnis der aussenpolitischen Offnung Liechtensteins ent-
spricht!697, Von Rechtsklarheit in dieser Frage hàángt darüber hinaus
ab, ob die Praxis des Staatsgerichtshofes in Bezug auf eine Ausdeh-
nung der Normenkontrolle auf eine Überprüfung der Vólkervertrags-
rechtsmüssigkeit von formellen Gesetzen und von Verordnungen auch in
Zukunft Bestand haben wird und ob diese Praxis neben dem EWRA,
der EMRK und dem UNO-Pakt II auch auf andere vólkerrechtliche
Vertráge (im formellen Gesetzes-, im Verfassungs- oder gar im Über-
verfassungsrang) bezogen werden kann!998,
Schliesslich wird sich an der Vorgehensweise des Staatsge-
richtshofes zu entscheiden haben, ob die Fragen des Rangverhältnis-
ses und der Rangbestimmung auch in Zukunft in jenem Zustand ei-
ner Chimüre verbleiben werden, in dem sie sich heute befinden und in
dem sie sich — so wie in jüngster Zeit im Zuge der sog. Verfassungsdis-
kussion — in ein Objekt (tages-)politischen Ermessens verwandeln. Die
Ordnungsfunktion des Staatsgerichtshofes liegt auch in diesem Zu-
sammenhang auf der Hand.
Epilog
In jüngster Zeit hat die Regierung zu verstehen gegeben, dass vólker-
rechtlichen Verträgen „durch die Verfassung grundsätzlich kein Ver-
fassungsrang zuerkannt ist“ 1699,
Begründet wird diese Aussage mit den unterschiedlichen Qu-
oren gemäss Art. 112 Abs. 2 LV (Verfassungsrevision) und Art. 8 Abs.
2 LV (Genehmigung eines völkerrechtlichen Vertrages). In der Lehre
hat Gubser aus dem gleichen Grunde den gleichen Standpunkt ver-
treten!/99, wahrend die Postulatsbeantwortung diese Frage ebenso of-
1697 Siehe hierzu das 5. Kapitel Pkt. 3.
1698 Siehe hierzu das 18. Kapitel Pkt. 5.2.
1699 Regierung (BuA Nr. 88/2002) S. 7 (Kursivstellung durch den Verfasser).
1700 Gubser S. 13 unter Verweis auf Steger (Landtag) S. 126f: ,Liechtenstein (kennt) keine verfas-
sungsándernde Staatsvertráge".
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