Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

der Kompetenzverteilung bei der innerstaatlichen Rechtsetzung ori- 
entiert“ 1580, entgegengetreten werden. 
In Tat und Wahrheit haben sich Regierung und Landtag vom 
Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 LV entfernt, sich über den (an sich) ab- 
schliessenden Katalog der insgesamt sieben Zustimmungskriterien 
dieser Bestimmung hinweggesetzt und Staatsvertrüge als solche be- 
handelt, für die dies nie und nimmer gegolten hat*8!, In der Verfas- 
sungswirklichkeit sind die Zustimmungskriterien gemáss Art. 8 Abs. 2 
LV mit keinem anderen Ziel ausser Acht gelassen worden, als auf ih- 
re Berücksichtigung von vornherein zu verzichten: „Um Diskussionen 
darüber zu vermeiden, ob es sich jeweils um einen der Zustimmung 
des Landtages bedürftigen Staatsvertrag gehandelt habe oder nicht, 
wird heute praktisch jeder Staatsvertrag dem Landtag zur Zustim- 
mung unterbreitet“ 1582 
Damit ist aber nichts anderes erreicht worden, als dass der 
Genehmigungsvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 LV unterminiert'583 und in 
seiner Eignung als (formelle oder materielle) Determinante für eine 
Rangbestimmung des Vólkervertrags- im Landesrecht kompromittiert 
worden ist: Für diesen Zweck lásst sich aus Art. 8 Abs. 2 LV deshalb 
nichts mehr gewinnen, weil die Handhabung dieser Bestimmung im 
‚Geschäftsverkehr‘ zwischen Landtag und Regierung keiner Disziplin 
mehr gehorcht. 
Der These Winklers (und zwar auch in jener Form, in der sie in 
jüngster Zeit vertreten worden ist!59^) wird damit aber das Fundament 
entzogen; der Kompromisslosigkeit, mit der eine sowohl formelle als 
auch materielle Parallelität der beiden ,Gesetzgebungsverfahren' der 
Bst. a und b von Art. 62 LV (Erlass formeller Gesetze und Abschluss 
vôlkerrechtlicher Verträge) bei Winkler vertreten wird, steht die Tat- 
sache gegenüber, dass in der Verfassungswirklichkeit nahezu alle der 
von Liechtenstein abgeschlossenen vólkerrechtlichen Vertráge unter 
Art. 8 Abs. 2 LV subsummiert werden; der ohnehin nur einge- 
schránkten Vergleichbarkeit der beiden Rechtserzeugungsverfah- 
1580 Bruha/Gey-Ritter (Kleinstaat) S. 168f. 
1581 Siehe hierzu das 7. Kapitel Pkt. 2.2. 
1582 Wolff S. 281. 
1583 Siehe hierzu Hoop S. 48f. 
1584 Winkler (Analyse) S. 146: ,Die vom Zustimmungsrecht des Landtages betroffenen Staatsver- 
tráge haben materiell Verfassungsrang" sowie ders. (Analyse) S. 150: ,Staatsvertráge, die 
gemäss Art. 8 der Zustimmung des Landtages bedürfen, haben materiell Verfassungsrang in 
dem Sinne, dass die ähnlich der Verfassung materiell über den Gesetzen formell aber unter 
der Landesverfassung stehen“. 
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