Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

nungen dürfen aber keinesfalls gleichgesetzt werden, sondern sie sind je 
als eigenständige Regelungen konzipiert und auszulegen“ 1567, 
Im Ergebnis lassen sich der Praxis des Staatsgerichtshofes zur 
Frage nach dem Rangverhältnis die folgenden Grundsätze entneh- 
men: 
e Völkerrechtliche Verträge, die vom Landtag gemäss Art. 8 
Abs. 2 LV genehmigt worden sind (die Gesamtheit der Staats- 
vertrüge also), stehen — der Tatsache ihrer Genehmigung we- 
gen — auf der Rechtsquellenstufe formeller Gesetze (StGH 
1978/8); 
e Nach Massgabe von StGH 1999/28 nimmt das Vól- 
ker(vertrags-)recht im Landesrecht ,zumindest Übergesetzes- 
rang” 1568 ein; 
e Fin Verfassungsrang vôlkerrechtlicher Verträge ist ohne weite- 
res möglich. So weist die EMRK ,faktisch’ Verfassungsrang 
auf (StGH 1995/21), während das EWRA verfassungsändern- 
der bzw. -ergänzender Natur ist (StGH 1996/34). 
Aufgrund der Praxis des Staatsgerichtshofes zum Rangver- 
hältnis steht also fest, dass Staatsvertrüge mindestens (formellen) Ge- 
setzesrang besitzen, d.h. auf der Rechtsquellenstufe formeller Gesetze 
stehen; die Tendenz dieser Praxis weist Staatsverträgen einen Überge- 
setzesrang (StGH 1999/28) und unter Umständen auch einen Verfas- 
sungsrang zu (StGH 1995/21 und StGH 1996/34). 
Sehr viel weniger klar und eindeutig hat sich der Staatsgerichts- 
hof zu den Prinzipien ausgesprochen, die zu berücksichtigen sind, 
sollen völkerrechtliche Verträge zum Landesrecht in eine Ordnung 
gebracht, d.h. zum Stufenbau des Rechts, wie er der liechtensteini- 
schen Verfassungsordnung zugrunde liegt, in Bezug gesetzt werden 
(Ordnungsprinzipien)!999, Ebenso wenig hat der Staatsgerichtshof die 
Bedeutung des Rangverháltnisses als Lósungsmechanismus für die Be- 
hebung von Normenkollisionen zwischen dem Vólkervertrags- und 
dem Landesrecht ausser Streit gestellt: Sind solche Konfliktfálle unter 
Anwendung der — zu einer Rangbestimmung zwingenden — klassi- 
schen Derogationsregeln (der lex superior oder der lex posterior) zu be- 
handeln (wie dies z.B. in StGH 1999/28 praktiziert worden ist), oder 
unter Anwendung des Vorrangprinzips!570? Im ersten Falle ist ein je- 
1567 StGH 1995/14, LES 3/1996 S. 123 (Kursivstellung durch den Verfasser). 
1568 StGH 1999/28, LES 1/2003 S. 8. 
1569 Siehe hierzu unten Pkt. 4.2.1. 
1570 Siehe hierzu das 14. Kapitel. 
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