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Zollanschlußvertrag, b. h. um eine Vereinbarung,
nach welcher Las größere Wirffchaftsgebier die
Jnteressenwahrunz für Las .kleinere übernimmt,
wobei, wenigstens soweit Oest e r reich in
Frage kommt, Lie fürstliche Regierung vor Ab
schluß der Verträge anzuhören ist (Art. 8). Die
Souveränität in allen jenen Gebieten, welche
Lurch den Zollanschlußvertrag berührt -werden,
ist also für Liechtenstein für die Bertragsdauer
aufgehoben, besteht aber grundsätzlich dennoch,
da -der Vertrag kündbar ist. Er ist nur auf die
Dauer von fünf Jahren abgeschlossen und Aen
derungen können -im gegenseitigen Einverständ
nis auch ohne förmliche Kündigung vereinbart
werden (Art. 41 und 42), ja es ist an einen Fall
der Aenderung, der Festsetzung des liechtenstei
nischen Anteiles an den Zollerträgen innerhalb
der Vertragsdauer eine Spezialbereinbarung
betreffend die Revision des einmal vorgesehenen
Betrages von Fr. 150,000.— p. a. event, bereits
gedacht (Art. 36).
Es erhebt sich nun die Frage, welcher
volkswirtschaftlichen Gebiete denn
im Vertrage besondere Erwähnung getan ist.
Wir glauben zunächst vorweg jene Gebiete
in summarischer Weise erledigen zu können, in
welchen heute schon eine weitgehende
Angleichung Liechtensteins an die
Schweiz erfolgt ist. Es betrifft dies das
G eld-we f en und die Vorschriften über Maß
und Gewicht. Konsequenterweise mußte die
Schweiz daraus -dringen, daß à Bundesrats
beschlüsse, Verordnungen und Verfügungen,
welche infolge der Kriegs- und Nachkriegsver
hältnisse erlassen wurden, im vollen Umfange
hinsichtlich des Geldwesens auch in Liechtenstein
Anwendung finden; sonst wären alle die Nach
teile, welchen die Schweiz zufolge ihrer eigen
tümlichen Valutalage ausweichen mußte, teil
weise durch den Anschluß Liechtensteins an das
Schweiz. Zollgebiet in mehr oder weniger großem
Umfange wieder aufgetreten. Sie mußte selbst
verständlich auch alle jene Bestimmungen für
Liechtenstein in Kraft setzen, welche den Verkehr
mit Gold-, Silber- und Platinwaren betreffen.
Irgendwelche Komplikationen aus den in Ver
trags-Anlage I A k>—c erwähnten, in Zukunft
eoentl. auch für Liechtenstein geltenden Gesetzes
normen finlb für das Fürstentum nicht zu er
warten. Eine Aenderung im Maßwesen wird
insofern einsetzen, als das Bundesgesetz über
Maß u.- Gewicht entsprechend der Vollziehungs-
Verordnung vom 12. Januar 1012 die Viertel
litermaße als zur Aichung zulässig nicht kennt.
Das Schwergewicht der Neuordnung der
Dinge, wie sie im Staatsoertraz vorgesehen
sind, liegt in der Einheit des Zoll - und
Verbrauchs st euerwe sens, der Vor
schriften betreffend die Stempelsteuern,
der Fabrikgesetzgebung und der be-
stehenden und event, künftigen Gewerbe-
gesetzgebung, gewisser Vorschriften be
treffend die Landwirtschaft und das
Veterinärwesen, sowie des Verkehrs
mit Lebensmitteln, sowie endlich be
treffend des Arbeitsmarktes.
a) Die größte Bedeutung kommt der ver
traglichen Vereinbarung betreffend die Einheit
des Zoll- und Verbrauchssteuer
wesens zu. Die beiden Gebiete sind eng ver
knüpft, weil die Verbrauchssteuern in der
Schweiz teils enge mit dem Zollwesen verbun
den sind, teils die absolute Einheit des Wirt
schaftsgebietes voraussetzen.
Im Vordergründe des Interesses steht das
Z o l l w e f e n. Wir versuchen uns in der
Weise ein Urteil über den Wert des Staatsver
trages für Liechtenstein zu bilden, daß wir die
Liechtensteinischen Pflichten in ihren volkswirt
schaftlichen Folgen einschätzen und uns über die
Tragweite der Rechte vergewissern, welche Liech
tenstein seitens der Schweiz zugestanden worden
sind. — Die allgemeine Stellung Liechtensteins
gegenüber der Schweiz haben wir in der Ein
leitung dieses Abschnittes bereits charakterisiert.
Das Fürstentum anerkennt nicht nur, wie ein
zur Schweiz gehöriger Kanton, die Einheit des
Zollgebietes in allen ihren Konsequenzen. Liech
tenstein muß auch alles Nötige vorkehren zur
Bekanntmachung und Einführung der Erlasse,
welche diese Einheit konstituieren. Speziell im
Zollwesen hat Liechtenstein die a u s r e i ch e n d e
Markierung der Grenze vorzunehmen,
ihm obliegen auch die Beschaffung der Zoll
amtsgebäude und die Erhaltung derselben,
während Einrichtung- und Betriebskosten zu
Lasten der Schweiz fallen. Sofern dies nötig
ist, besteht event, eine Verpflichtung, für Liech
tenstein, die Ünterkunftsräume für
die Grenzwache gegen ortsübliche Ent
schädigung zu beschaffen. Die Liechensteiuische
Regierung gewährt den schweiz. Zollorganen
die Steuerfreiheit mit Ausnahme der indirekten
und der Grundsteuern. Was die Liechtenstei
nischen Rechte anbelangt, so sind unter volks-
wirtschaflichem Gesichspunkte zu erwähnen der
Anspruch auf eine jährliche Entschädigung von
Fr. 150,000.— für cille Zölle und Gebühren, mit
Ausnahme jener, welche die Stempelsteuer be
treffen, event, die Anstellung Liechtensteinischen
Personals im Zolldienst, mit Ausnahme der
Grenzwacht.