Volltext: Der letzte Gutenberger

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^orschachei 
Jretlichlfpiele aus Schlotz Guteaderg 
tLiechtenfteiv). 
. Ei der Tausend, sind die Liechtensteiner ein 
ihriges Theatrrvölklein geworden! Letztes Jahr 
r/qtten die Vaouzer ihre vielbesuchten Freiljcht- 
spiele aus dem lürstluten Schlote droven, und' 
in diesem Sommer greifen die von Bauers keck 
zu Hallbart und Spietz und bevölkern die Burg 
weiland ihrer Herren zu Eulenberg, die der 
Bildhauer Rheinberger vor Jahren schon vor 
dem gänzlichen Zerfall errettet und zu neuem, 
stolzem Dasein erweckt hat. Und imch sind die 
Eutenberger Burgenspiele nicht zU Ende gegan- 
0?" — es wird an schönen Sonntagen bis in den 
«eptember hinein gespielt — so kündigen die Va- 
ouzer ein Winzerfest mit Spielen und Tänzen 
M. Das Beste und Gediegenste hat ihnen aber 
Eulenberg sicher vorweggenommen. denn was da . 
flom tatenlultigen Sängerbund Balzers geboten 
, übertrifft alle Erwartungen. 
bereits an den lehtjährigen Baduzer Frei 
lich tjpielen wurde der Darsteller des Intriganten, 
der junge Liechtensteiner Dichter Karl Jos. Minsk 
seines beweglichen, leidenschaftlichen Spiels wegen 
mit Recht viel beachtet. Inzwischen ist er einen 
tapfern Schritt weitergegangen, hat selber ein 
Burgenspiel „Der letzte Gutenberger" versaht und. 
ein Tausendsassa der er ist. gleich auch die Regie 
und die Titeirollc übernommen. Bei solcher Viel 
seitigkeit würde sich mancher Springinsfeld si 
cherlich „überlüpfen". Aber der zielbswuhte Wage 
mut des anzriffigen, niemals erlahmenden Dich 
ters f;at_ sich nicht zu viel zugemutet. Ihm ist 
das unmöglich Erlcheinende überraschend gelungen: 
aus dem numerisch nicht sehr starken Sängerverein 
fV 1 ® J ein ? Absichten weitgehend erfüllende Gesell 
schaft williger Mimen zu machen und 
rungen zunanoezubnngen. tue weit über oem 
Mittel stehen, was man etwa auf dem Lande 
zu sehen gewohnt ist. Ja, es kamen aus Gutenberg 
Freilicktspiele zustande, die für ähnliche Lieb 
es l aberaufsührungcn geradezu vorbildlich zu nennen 
Mt md Das Gute lag ^Nerdings^auch hier nahe. 
Der Dichter hat sich eine Episode aus dem 
Schwabenkriege, die für die damalige Zeit der 
wirklich noch frisch-fröhlichen Kriegführung cha 
rakteristisch ist, ausgesucht und seht sein Burgen 
spiel ganz einfach auf den historischen wirklichen 
Schauplatz des Geschehens, läßt sein« Söldner 
kraftvoll sprechen, wie ihnen der Schnabel ge 
wachsen ist, nämlich in der Mundart des Lan 
des, verwertet alte Kriegsanekdoten und schafft 
volkshafte Gestalten, keine nervenkranken „Hel 
den" der neuen Zeit. Und da nun auch der alte, 
epheuumrankte Burghof ohste jede Aufmachung 
den idealen Rahmen bildet, wirkt sein Spiel 
naturhaft, echt und urwüchsig, wie es selbst ein 
Esfektregisseur à la Reinhardt auf der raffinier 
testen Erohstadtbühne nicht nachhaltiger erzwin 
gen kann. Ich habe jedenfalls aM letzten Sonntag 
tiefere Eindrücke empfangen, als im Frühjahr 
im lediglich auf Aufmachung und Putzern Effekt 
eingestellten Nationaltheater in Berlin, und mein 
letzter Rest von Skeptizismus, der mich bei den 
immerhin noch unzulänglichen und störenden Ein 
flüssen ausgesetzten Freilichtspielen von Herten 
stein und Vaduz beschlich, ist besserer Erkenntnis 
gewichen. Za, ich bin heute geneigt zu glau 
ben, datz die wirkliche Renaissance des Theater- 
über die Freilichtbühne gehen mutz. Gesundung 
tonn auch hier nur von diesem „Zurück zur 
Natur! kommen. Das Freilichttheater verzichtet 
allerdings nicht auf den Effekt des Sonnen- und 
Mondlichles (ein erster gelungener Versuch mit 
einer nächtlichen Freilicktausführung hat das be 
wiesen), aber auch hier ist es kein billiger Thea- 
tereffett, es ist immer nur die lange geglaubte 
„Primitivität" der Naturoorgänge. die tiefere 
Wirkungen auszulösen vermag. Was soll ich 
noch sagen? Einzelheiten und kleine kritische Be- 
denien tauchen unter im großen, alles überstrah 
lenden Gedanken, datz auf Schloß Gutenberg 
dos seltene Zusammenwirken vieler günstiger Um 
stände eine unser künftiges Theaterseben auf dem 
Lande so erfreulich anregende Tat gewagt wor 
den ist. Es heißt denn auch schon, datz die Sar- 
ganser sich nächstens auf ihrem Scklotz den Ver- 
such eigener heimatlicher FreilWspfele unter- 
nehmen wollen. Eutenberg macht Schule! Und 
soll es auch! Hermann Aellen, Chur^ 
Dagobert der Greiffenberger, Waffenhauptmann 
Thüring Rüttinnen, ein Abenteurer 
Rorschach, Montag den 24. August 1925 Nr. 196
	        

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