Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Thöny: In emem Revisionsberichte ist die Anre 
gung gewesen. 
Dr. Budschedl: Das war der Reoisionsbericht vom 
12, April 1924. 
Thöny: Das dürfte stinimen. 
Dr. Budschedl: Kennen Sie das Formular, das 
frühn herumgeschickt wurde von der Anstalt. __ Es wa 
ren gedruckte Formulare der Anstalt. Bis zujidiesem Zeit 
punkte war die Kollektivzeichnung in der Weise vorge 
sehen durch Zeichnungsberechtigte. 
Thöny: Die kenne ich. 
Dr. Budschedl: Nun ist am 9. Mai 1925 diese 
Verwaltungsratssihung gewesen. Kennen Sie die Bestinr- 
mung des Paragraph 58 des Geschäftsreglementes — 
schlagen wir es auf — worin es heißt, der Verwal 
tungsrat ist beschlußfähig, wenn mindestens 4 Mitglie 
der anwesend sind. Bei Stimmengleichheit hat der" Prä 
sident Stichentscheid. Sie haben doch die Protokolle 
über die Berwaltungsratssitzungen geführt. Wisse» Sie, 
daß bei dieser Sitzung am! 9. Mai 1925 nur 3 Mit 
glieder anwesend waren: Dr. Beck, Stephan Ritter und 
Wilhelm Ritter. 
Thöny: Das weiß ich nicht mehr. 
Vorsitzender: Ich inutz Sie bitten, daß Sie sich 
au den Strafprozeß halten. 
Dr. Budschedl: Was betrachten Sie für eine wich 
tige Sache, was für eine weniger wichtige Sache ? 
Ich möchte Thöny fragen, was er unter den wichti 
gen Sachen versteht, für welche die Einzelunterschrist 
nicht gelten soll. 
Dr. Budschedl: Was betrachten Sie für eine wichtige 
Sache und was für eine weniger wichtige Sache? 
Thöny: Das ist schwer zu beurteilen, was wich 
tig ist und was nicht wichtig ist. 
Die Zeichnungsberechtigung war damals schon so 
gedacht gewesen, allein, dag ich unterschreiben konnte, 
weil man sonst immer nach Hause gehen mußte? 
Präsident: Ich frage, ich, frage, was Sie für wich 
tige und weniger wichtige Sache im Sinne dieser Be 
stimmung auffassen. 
Thöny: Das kann ich heute nicht beurteilen, wie 
das dazumal gedacht gewesen ist. 
Dr. Budschedl: Ist Ihnen das nicht aufgefallen, 
wenn Sie sich das Gesetz vergegenwärtigt haben, die 
eine Position eingeräumt hat, daß da 3 Personen das 
getan haben, die eigentlich dazu nicht befugt waren. 
Sie haben selbst gezeichnet. Die Regierung hat es 
genehmigt. Hat die Regierung damals gewllßt, daß, die 
ser Beschluß vom 9. Mäi 1925 ? gesetzwidrig war. 
Vorsitzender: Der Angeklagte kann das nicht wissen. 
Ob die Regierung gewußt hat oder nicht gewllßt hat. 
geht uns nichts an. 
Thöny: Ich glaube nicht, daß die Regierung da 
zumal- verständigt worden ist, wegen der Zeichnungsbe 
rechtigung von der Sparkassa aus. 
Dr. Budschedl: Nun nröchte ich auf ein anderes 
Kapitel' übergehen,., die Kontrollberichte vom Jahre 
1924. Ich habe von Kontrollberichten vom Jahre 1924 
gesagt. Den Konirollbericht 1925 und 1926 haben Sie 
gelesen. Wissen Sie, daß verschiedene Positionen auck 
in dieser Beziehung enthalten waren, die beanstande 
wurden. H ;; \ ! . 
Thöny: Ja. 
Dr. Budschedl: .Glauben Sie, ist dem Verwaltungs 
rat dieser Bericht vorgelegen? 
Thöny: Dem ganzen Verwaltungsrat glaube ich 
nicht, dagegen dem Präsidenten. 
Dr. Budschedl: Sie haben gesagt, es sei der 
Kontrollbericht der Regierung und dem Präsidenten 
zugestellt worden? 
Thöny: Ich habe Dr. Beck gefragt, was mit 
ihm geschehen sei, nicht der 1926er, sondern' der 1925er. 
Der 1925er ist der, der Dr. .Beck mir einmal ge 
geben und sagte dieser, es feien verschiedene'Sachen, ich 
solle schauen, daß sie aus der Welt kommen. 
Thöny: Früher muß das auch in dem Sinne 
protokolliert worden sein. Was die Regierung gemacht 
hat, weiß ich nicht. Ich habe mit derselben nie ge 
sprochen über die Kontrollberichte. 
Tr. Budschedl: Nur bezüglich des Berichtes 1925. 
Dr. Weck hat doch genau in diesem! Berichte verschiedene 
Beanstandungen gelesen. Ist man darauf nicht mehr 
zurückgekommen? Es war doch einleuchtend, daß man 
Ihnen etwas sagt oder darauf zurückkommt. 
Thöny: Soviel mir recht ist, ist einmal gesagt 
worden, wie cs sei, es komme jetzt dann in Ordnung. 
Im Verwaltungsrat selbst ist das nie behandelt worden. 
Schluß: 3 Uhr Nachmittag. 
Fortsetzung: Dienstag, 19. November, 
vormittags 8 Uhr. 
Präsident: Der Angeklagte wird befragt durch 
den Vertreter der Privatpartei. 
Dr. Budschedl: Wir haben gestern noch über den 
Kontrollbericht 1925/26 gefragt. Um mißverständlichen 
Auffassungen zu> begegnen, sehe ich niich am Beginne der 
heutigen Verhandlung zu folgender Erklärung veranlaßt. 
Ich habe gestern es als leisen Vorwurf- deS Herrn Vor 
sitzenden empfunden, als ich von einer gewissen Ent 
lastung des Angeklagten Thöny gesprochen habe. Ich bin 
mit dieser Aeußerung zweifellos mißverstanden worden. 
Ich wollte damit sagen, wir Alle, die wir hier an 
diesem Prozeß beteiligt sind, haben die Pflicht und 
zweifellos alle das Bestreben- die Wahrheit zu finden. 
Der Staatsanwalt, die Privatbeteiligten, die Richter 
haben nach Paragraph 183 der St. P. O. die Pflicht, 
alle Beweise, soweit sie gegen und für den Ange 
klagten sind, mit Gewissenhaftigkeit und genauestens zu 
prüfen. Der Angeklagte Thöny hat Betrügereien mit 
Kühnheit vollbracht. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß 
es wichtig ist, festzustellen, ob Thöny die Betrügereien 
leicht oder schwer gemacht wurden. Es spielt für die 
Beurteilung der Strassragen zweifellos der Umstand 
eine wichtige Rolle, - ob Erschwerungsgründe zutreffen 
oder ob nicht Mlilderungsgründe, die für den Ange 
klagten sprechen, vorhanden sind. Ich habe das deshalb er 
wähnt, weil ich auf dem Standpunkt stehe, daß zur Erfor 
schung der Wahrheit nicht nur die Feststellung des 
äußern Tatbestandes gehört, sondern auch die Feststellung 
der Ursache und der Quellen, der Betrügereien und die 
Feststellung der Motive der Betrügereien und schließlich 
und endlich die Feststellung jener NebenUmstLnde, ohne 
deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein die Betrü 
gereien nicht, möglich gewesen wären oder nicht'in dem 
Umfange wie sie möglich gewesen und vorgekommen
	        

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