Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Itcfj ein Judikat erfließen müssen. Das ist eine Entscheidung 
in einer Versammlung von 15 Räten des Obersten Gerichts 
hofes, die dann in das Judikatenbuch eingetragen worden 
wäre. Bisher aber ist ein solches Judikat oder eine Plenar 
entscheidung nicht erflossen und wenn eine solche Plenarem- 
scheidung ergangen wäre, dann — das ist meine feste Ueber 
zeugung — wäre darüber sicherlich ein Plenissemarsenat zur 
Entscheidung hierüber einberufen Wörden, der in Anwesen 
heit von 21 Richtern hierüber entschieden hätte. Da aber 
solche Entscheidungen nicht erflossen sind und der Oberste Ge 
richtshof von der Anschauung, die in der von mir genannten 
Entscheidung festgehalten ist, nicht abging, darf Wohl das 
Gericht mit Fug und Recht sich daran halten. Zur Entschei 
dung ein Weiteres beizufügen, halte ich nicht für erforderlich, 
da sie ja gewissermaßen eine vorweg genommene Photogra 
phie des heutigen Falles ist. 
Ich stelle diese gesamte, von mir genannte Literatur dem 
Gerichte zur Verfügung und bin bereit, auch die anderen 
von mir angezogenen, rechtlichen Monographien sofort, d. h. 
bis Morgen früh, dem Gerichte zur Verfügung zu stellen, 
z. B. Herbst, dann die weiteren, Lammasch, Kienböck, auch 
Ohlshausen, wenn erforderlich, usw. 
Ich habe noch über die Frage der Mitschuld und die 
Frage des Versuches auch nur ein kurzes Wort zu verlieren, 
nachdem ich noch 8 1 des Gesetzes zu erörtern habe. 8 1 des 
Gesetzes bestimmt: 
„Zu einem Verbrechen wird böser Vorsatz erfordert. 
Böser Vorsatz aber fällt nicht nur dann zur Schuld, wenn 
vor oder bei der Unternehmung oder Unterlassung das Uebel, 
welches mit dem Verbrechen verbunden ist, geradezu bedacht 
und beschlossen, sondern auch, wenn aus einer anderen bösen 
Absicht etwas unternommen oder unterlassen worden, woraus 
das Uebel, welches dadurch entstanden ist, gemeiniglich erfolgt, 
oder doch leicht erfolgen kann." 
Es ist nicht notwendig, daß das Uebel geradezu bedacht 
oder beschlossen war, sondern es genügt vollständig, wenn aus 
dieser Handlung und Unterlassung das Uebel gemeiniglich 
und gewöhnlich, in der Regel erfolgt oder wenn es doch leicht 
erfolgen kann. Ist es nicht das selbstverständlichste, daß bei 
Wechselbegebungen leicht die Zahlungsverpflichtung entstehen 
kann. Und sind die Wechselbegebungen, besonders die ersten 
Fälle, Zwicky, Rhätische Bank, nicht aus einer anderen bösen 
Absicht, die Verwaltung und Vertretung in ihrem Rechte auf 
Kontrolle zu schädigen, erfolgt? Ist es nicht böse Absicht, alles 
das vor dem Verwaltungsrat zu verheimlichen, die Regierung 
zu schädigen in ihren Rechten auf die Kontrolle, die Behörde 
in dieser Richtung zu täuschen und zu schädigen? Das ist ganz 
fraglos. Ich verweise in dieser Richtung, insbesondere auch 
auf Stoß 388 und verweise in dieser Richtung auch auf Lam 
masch und auf die _ Entscheidung zum österreichischen Rechte 
und auf Löffler, besonders „Oesterreichische Zeitschrift für 
Strafrecht", welche alle Literatur vön mir zur Verfügung ge 
stellt werden kann. Daß in diesem Falle ein Recht auf Kon 
trolle bestand, daß dieses Recht auch ausgeübt werden konnte, 
steht fest. Daß dieses Kontrollrecht einer jener Rechte ist, das 
8 197 St. G. unter anderen. Rechten meint, ist nach dem 
Wortlaut des Gesetzes, nicht zu bezweifeln, soll nicht dem Ge 
setz in der Anwendung ein anderer Verstand beigelegt wer 
den, als aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in 
ihrem Zusammenhang und aus der klaren- Absicht des Ge 
setzgebers hervorleuchtet. Es darf hier auch nicht jener Ver 
gleich herangezogen werden aus Finger und dieses Recht aus 
Kontrolle mit dem allgemeinen Aufsichtsrecht des Staates 
gleichgestellt werden, wie etwa das Aufsichtsrecht des Staates 
in einem Falle, als eine verseuchte Kuh über-die Grenze ge 
trieben wird. 
Dieses Aufsichtsrecht des Staates zur Pflege der öffent 
lichen Ordnung ist etwas ganz anderes, als das Kontroll 
recht über eine Kasse.. 
„Des Verbrechens mitschuldig macht sich nicht nur der 
unmittelbare Täter allein, sondern jeder, der durch Befehl, 
Anraten, Unterricht, Lob, die Uebeltat eingeleitet, vorsätzlich 
veranlaßt, zu ihrer Ausübung durch absichtliche Herbeischas- 
fung der Mittel, Hintanhaltung der Hindernisse, oder aus 
lvas immer für eine Art, Vorschub gegeben, Hilfe geleistet, 
zu ihrer sicheren Vollstreckung beigetragen; auch wer nur 
vorläufig sich mit dem Täter über die nach vollbrachter Tat 
ihm zü leistende Hilfe und Beistand, oder über einen Anteil 
an Gewinn und Vorteil einverstanden." 
Sämtliche diese Momente sind unter Anklage gestellt. 
In einzelnen Fällen wegen 100 000 Franken und der Bürg 
schaft von 100 bis 200 000 Franken unterblieb die Ausfüh 
rung des Verbrechens, obwohl bereits zur wirklichen Aiis- 
übling zur führenden, Handlungen unternommen wurden 
und es unterblieb die Vollbringung des Verbrechens nur 
wegen Unvermögenheit, weil die Möglichkeit, die Bürgschaft 
zu verwerten, nicht gegeben war. Hätten die Angeklagten 
einen gefunden, der Geld gegeben hätte, dann wäre dieses 
Geld so sicher aufgenommen worden, als es in den späteren 
Fällen aufgenommen wurde, und der Versuch ist in gleicher 
Weise strafbar, wie das Verbrechen. Es ist lediglich ein Mil 
derungsumstand, wenn es beim Versuche geblieben ist. 
Es sind mir noch formelle Einwendungen entgegen 
gestellt worden, und zwar der formelle Einwand, daß einer 
seits in dem Falle Walser, der von der Anklage gerügte und 
zur Bestrafung beantragte Betrug am . Barmer Bankverein 
deshalb nicht vor dieses Gericht gebracht, werden könne, weil 
es territorial unzuständig sei. Ich gestatte mir in dieser Rich 
tung auch ohne westeren Kommentar und ohne weitere Be 
gründung lediglich 8 36 des Strafgesetzes anzuführen, worin 
es heißt: „Wegen Verbrechen, die ein Untertan im Auslande 
begangen hak, ist er bei seiner Betretung im Jnlande nie 
an das Ausland auszuliefern, sondern ohne Rücksicht auf die 
Gesetze des Landes, wo das Verbrechen begangen worden, i 
nach diesem Strafgesetze zu behandeln." Wenn aber „bei Be- j 
tretung im Jnlande" bestraft werden soll, bleibt nur die j 
einzige Möglichkeit übrig, als daß das einzige Gericht im j 
Jnlande (Liechtenstein) zu erkennen hat. vj 
Cs ist ein weiterer formeller Einwand erhoben worden, 
daß gegen Carbone die Anklage wegen des Verbrechens der 
Mitschuld am Betrug hinsichtlich der 25 000 Franken, ge 
geben von Wallerstein, hier formell wegen territorialer Un 
zuständigkeit nicht erhoben werden könne. 
Begangen wurde das Verbrechen des Betruges in dieser 
Hinsicht an der Sparkasse in Liechtenstein. Tathandlung . 
wurde gesetzt von Thöny, der ist der Täter: das Verbrechen . 
geschah in Liechtenstein. Carbone ist gemäß 8 6 St. G. dieses 
Verbrechens mitschuldig, ist einer in Liechtenstein gesetzten
	        

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