Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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struieren zu können. Meine Herren, auch wenn 
Sie Betrug annehmen wollten, so würde meines 
Erachtens auch hiefür wiederum die Zuständig 
keit Ihres Gerichtes fehlen. Wie aus der Anklage 
erhellt, wie aus den mündlichen Verhandlungen 
sich ergeben hat, sogar aus dem Untersuchungs- 
bcrichte: die Tat, wenn es eine solche wäre, ist 
nicht hier begangen worden, sondern in der 
Schweiz. In der mündlichen Verhandlung wurde 
sogar dahin Aufklärung gegeben, daß selbst der 
Bürgschastsschein nach der Schweiz verbracht wur 
de, daß Carbone dort das Geld in Empfang ge 
nommen hat. Maßgebend, ich darf das hier er 
wähnen, weil wieder Züricher Gebiet in Frage 
steht, maßgebend ist nach Züricher Praxis und 
Rechtsprechung als Tatort derjenige Ort, wo das 
sog. ertragene Geld mir zukam. Ich verweise in 
dieser Richtung aus Nr. 12 der Sammlung Köpsli, 
die ich Ihnen zur Verfügung stellen kann. Sie 
ersehen dort die Entscheidung in den Blättern für 
Zürcherische Rechtsprechung XVIII, Nr. 17 und 
19 und Schweizerrsche Juristenzeitung Bd. XV., 
Pag. 152 und Pag. 230. Dort ist der Fall behan 
delt, was als Tatort des Betruges zu gelten habe 
und es wird dort festgestellt, daß das Verbrechen 
da vollendet wurde, wo das ertragene Geld er 
langt worden war. Nehmen wir an, Carbone 
wäre, was nicht der Fall ist, betrügerisch zu dem 
Gelde gelangt, so war es sicher nicht in Liechten 
stein, sondern in Zürich, eventuell in Paris. Für 
den Fall der Annahme eines Betrugsdeliktes wäre 
daher die hiesige Instanz wiederum formell nicht 
zuständig. Gehen wir über zu einer zweiten sog. 
Begangenschast, den Wechseln. Da kommt die erste 
Diskontierung von zweimal Fr. 60.000—, zusam 
men Fr. 120.000:-, wovon die Bank Mk. 61.000 
erhielt, mein Klient Mk. 13.000- und der Rest 
ging in Spesen aus, wie das reichlich auseinan 
dergesetzt wurde. Ich möchte hiezu, dem Wunsche 
meines Klienten entsprechend, eine kurze Bemer 
kung machen. Man hat ihm alle diese Spesen, 
Provisionen etc., die man noch zahlen muß, wenn 
man solche Wechsel zu placieren hat, angerechnet. 
Da kam der Herr Staatsanwalt auf eine Zinsen 
berechnung, ich glaube von 22 oder 23 Prozent 
und er meinte, da hätte Carbone doch sehen sol 
len, wie unkorrekt es hier zugeht, denn bei norma 
len Geschäften zahlt man nicht solche Zinsen. Und 
der Herr Präsident hat meinem Klienten auch 
vorgehalten: Sie wußten doch anhand des Spar- 
kassa-Reglementes, daß der Zweck ist, billige Kre 
dite zu beschaffen für die Bank, um den Kunden 
billiges Geld geben zu können. Dieser Vorwurf, 
meine Herren, trifft meinen Klienten schlecht. Ich 
möchte anhand seiner Ausführungen über diese 
Zinsengeschichte ein Wort erwähnen. Die ganze 
Anschuldigung hängt bezüglich ihrer Richtigkeit 
davon ab, was von dieser sog. Zinsenhöhe zu 
halten ist. Der Herr Staatsanwalt ist sonst sehr 
vernünftig, er kennt das Leben, er sollte aber 
seine Anwaltskenntnis auch hier zur Schau tra 
gen. Wenn er dies.tut und wirtschaftlich denkt, 
dann stößt er sich an diesen Zinsenhöihen aus dem 
Platze Berlin bei diesen konkreten Verhältnissen 
sicher nicht mehr. Mein Klient gibt Ihnen den 
Rat, für jene Zeit, als jene Geschehnisse sich ab 
spielten, ein Börsenblatt zur Hand zu nehmen, 
dann würden Sie sehen, daß an den Hauptplätzen 
wie Newhork, London, Paris, Berlin für prima 
Warenwechsel incl. Danno ca. 10 bis 12 Prozent 
gezahlt wurde. Er hat Ihnen auseinandergesetzt, 
daß hier nicht Warenwechsel in Frage stunden. 
Der Herr Staatsanwalt hat gefragt warum nicht? 
Er hat richtig zur Antwort gegeben, weil die do 
kumentarischen Belege eines Warengeschäftes fehl 
ten. Es waren also reine Finanzwechsel und da 
zahlt man eben stets 2 bis 3 Prozent mehr. Er hat 
weiter ausgeführt, daß dies dann erstklassige Fi 
nanzwechsel ausgesprochener Wechselbanken sein 
müßten. Wenn das nicht der Fall ist, wenn keine 
prima Finanzwechsel ausgesprochener, erstklassi 
ger Wechselbanken in Frage stehen, dann mutzte 
man sich eben, noch höhere Zinssätze gefallen las 
sen. So kommt es dazu, daß die Zinssätze für 
Finanzwechsel überall schwankend sind, je nach 
der Güte von 15 bis 20 Prozent und mehr be 
tragen. Wir wissen, daß, wenn wir in der Schweiz 
z. B. für Bankobligationen 4% oder 5 Prozent 
zu zahlen haben, in Deutschland ceteris Pari 
bus auf gleicher Basis Zinssätze von 10 bis 12 
Prozent in Frage stehen. Ich erinnere übrigens 
den Herrn Staatsanwalt auch an die Verord 
nung des Bundeskanzlers zu Art. 287 Handels 
gesetzbuch, wonach in Oesterreich für die Jahre 
1924 ff. Zinssätze von 10—12 Prozent zu zah 
len waren und dies bei ordnungsgemäß gedeck 
ten Warengeschäften. Während in der Schweiz, 
wie erwähnt, zur Zeit 5prozentige Bankobliga 
tionen in 43/tprozentig,e umgetauscht werden, zahlt 
man in Deutschland für staatliche Goldpsand- 
briese 81Prozent und mehr bei Kursen von 92 — 
herunter zu 86 und das sind amtlich notierte 
Papiere. Diese Zinsen sind also bei den dortigen 
wirtschaftlichen Verhältnissen nicht halb so schreck 
lich wie es für uns hier aussehen mag. Wenn wir 
uns in diese Wirtschaftszustände derart hinein 
denken, dann kann man daraus sicher nicht mei 
nem Klienten sagen, daß er aus der Höhe der 
Zinfensätze hätte sehen sollen und erkennen müs 
sen, daß er unerlaubte Geschäfte betreibe, ver 
brecherische, betrügerische Handlungen begehe. 
Ich bitte Sie gerade in Würdigung dieser Zin 
senrechnung zu bedenken, daß der Zinssatz nur 
relativ bewertet werden kann, daß es stets aus 
Umstände und die Verhältnisse ankommt, daß hier 
keine Kommerzpcipiere in Frage stehen, sondern 
liechtensteinische Finanzwechsel und zwar Finanz 
wechsel einer Bank, von dem ein erstklassiges In 
stitut wie die Anschlußbank in Berlin bemerkte, 
es sei sehr schwierig, diese Wechsel zu pla 
zieren, weil die Landcsbank in Berlin ein völlig 
unbekanntes Institut sei. Das waren die Gründe 
dieser angeblich hohen Zinsensätze. Das hat nichts 
zu tun mit irgend einer verbrecherischen Hand-
	        

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