Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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setzt- der Herr Thönh die seine. Aber das Gewohnt 
war in diesem Fall nicht ganz gleich. Man, wirft 
dem Walser und Beck vor, ob mit Recht, oder 
Unrecht kann ich nicht beurteilen, daß sie irgend 
welchen Nutzen davon gehabt haben. Mag es sein, 
wie es wolle, das steht unzweifelhaft fest, daß der 
Herr Thönh, — ich habe den Herrn Staatsanwalt 
ausdrücklich gefragt, ob er das zugibt, sonst würde 
ich Beweisanträge nach dieser Richtung gestellt 
haben, - bei keinem einzigen Geschäft einen Per 
sönlichen Vorteil gesucht oder auch nur zugesichert 
erhalten hat. Er konnte nur seine Tätigkeit da 
unten weiter führen und hasste, daß die Geschäfte 
des Herrn Walser und der anderen gelingen, daß 
dann die Landesbank und das ganze Land und 
Volk davon profitieren könnten. Der Erfolg für 
ihn ist, daß er heute vor' einer zusammengebroche 
nen Existenz steht, daß er sein Brot verloren hat, 
daß er das .Vertrauen verloren hat, daß er sel 
ber auch das drückende Bewußtsein haben muß, 
durch seine Leichtgläubigkeit dadurch, daß er ein 
Amt nahm, dem er nicht gewachsen war, sich schwe 
ren Schaden zugefügt hat. Es ist eine Katastrophe 
für. ihn, der nicht einmal etwa Monate oder ein 
paar Jahre von Lebensgenuß und Wohlleben vor 
angegangen war. Nichts derartiges. Unter diesem 
Umstand, glaube ich, daß auch das Maß der mo 
ralischen Schuld, die man ihm auferlegen mag, 
noch etwas leichter bemessen werden darf, als das 
sonst der Fall wäre, wenn man annehmen müßte, 
er hätte aus persönlichen Gründen, aus Gründen 
des persönlichen Lebensgenusses in der Absicht, 
sich selbst zu bereichern, leichtsinnig oder gar ge 
wissenlos gehandelt. Herr Präsident, meine Her 
ren Kriminalrichter, ich bitte Sie, ihn von Schuld 
und Strafe freizusprechen. Wenn irgend etwas 
noch zweifelhaft sein kann, in bezug aus die 
rechtliche Konstruktion zweifelhaft sein kann, auch 
in bezug aus die einzelnen Tatbestände, so mag 
auch für ihn nicht etwa das Wort: in Zweifel 
wird einfach alles aufgeladen, wie schließlich die 
Staatsanwaltschaft, das am Schlüsse alles getan 
hat und wie auch die Zivilklage sagt, zu beweisen, 
sondern im Zweifel muß zu Gunsten des Ange 
klagten entschieden werden. Und wenn Sie trotz 
meiner Ausführungen, trotz der rechtlichen Aus 
führung, die zweifellos auch von meinem Kolle 
gen gemacht werden, Ausführungen, die ich aber 
von vornherein auch für mich liziere, wenn Sie 
trotzdem dazu kommen sollten, Thönh nun auch 
noch zu verurteilen, nachdem er etwa . eineinhalb 
Jahre in Untersuchungshaft gewesen ist, glaube 
ich, auf ein mildes Urteil rechnen zu dürfen. Ich 
denke, es war doch nicht ernst gemeint, wenn der 
Herr Staatsanwalt von einer Mindeststrafe von 
fünf Jahren gesprochen hat. Ich denke, das war 
ein Uebersehen. Von einer solchen Mindeststrase 
kann keine Rede sein, angesichts der gesetzlichen 
Bestimmung für das Fürstentum Liechtenstein. 
Wenn er auch noch glaubt, besondere Strafver 
schärfungsgründe hervorheben zu müssen, beson 
dere Kühnheit oder Gewohnheit, so glaube ich, ist 
er vollständig in die Irre gegangen, wenn er 
meinem Klienten zum Vorwurf macht, daß er» 
sich nicht schuldig erklärte. Herr Präsident, ver-W 
ehrter Gerichtshof, die Schuld ist eine Frage des» 
Rechts. Er kann nur Tatsachen zugeben, aber» 
es kann nicht seine Aufgabe sein, zu entscheiden,» 
ob diese Tatsachen, die ihm zur Last fallen, ob» 
die zu unterstellen sind unter einen Rechtsbegriss» 
des Strafrechts. Das ist Sache des Richters. Erl 
konnte nicht erklären, ich bin schuldig des Betru-I 
ges. Ich bin überzeugt als Jurist, daß er nicht! 
schuldig ist. Welche Bedeutung kann das Habens I 
wenn er sagt, ich erkläre mich schuldig, des Betru-1 
ges. Das hat gar keine Bedeutung für das Ge-I 
richr. Es hat eine Bedeutung, wenn er sagt, ich I 
bekenne, das gemacht, das getan zu haben, daß ich 
diese Absicht hatte, diese Motive hatte, das gebe 
ich zu. Für das Gericht kann schließlich auch maß 
gebend sein, ob sie ihm zutrauten/ daß er das, 
was er nicht strafbarerweise,' aber zivilrechtlich 
fast unverantwortlicherweise an Schaden gestiftet 
hat, ob er das leicht nimmt. Ob das einer ist, der 
mit der ganzen Schwere und Schärfe des Ge 
setzes getroffen werden muß oder ob das nicht 
ein unglücklicher Tropf ist, ein Opfer der Ver 
hältnisse, der Zustände, auch einzelner Personen, 
so wie ich das geschildert 'habe. Das letztere ist der 
Fall. Er hat Anspruch darauf, daß weitestgehende 
Milderungsgründe berücksichtigt werden. Er ist 
nicht vorbestraft. Der Umstand, daß die Gelegen 
heit. die Versuchung sich ihm fast aufgedrängt 
haben. Ohne Walser belasten zu wollen, darf ich 
darauf hinweisen, daß es doch eben Walser ge 
wesen ist, sein Vorgesetzter, der dazu den An 
stoß gegeben, daß die anderen ihre Pflicht nicht 
erfüllt haben. Ich darf im Sinne von Art. 47 
auf die lange Untersuchungshaft hinweisen, ich 
)arf darauf hinweisen, wie schwer diese Strafe 
eine Familie treffen muß nach Par. 55' des Ge 
estes und ich darf endlich aus die spezielle Be- 
timmung ihres Strafrechtes hinweisen, das Ihnen 
gestattet, viel weitere Milderungsgründe anzu 
erkennen, als das nach österreichischem Recht möig- 
lkch wäre. 
(Fortsetzung folgt.) 
Im Aufträge der fürstl. Regierung. 
Buchdruckerei Gutenberg, off. Handelsgefellschast, 
- Schaan. —
	        

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