Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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don 1^2 Millionen, àie für die Durchführung von Wuhr- 
arbeiten ausgenommen werden mußten, ein größerer Betrag 
zur Reduzierung des Kredites zngeflossen. Wie Direktor 
Schredt sagt, war der Bank von Liechtenstein diese Abdeckung 
sehr willkommen, und es wurde der erste Anlaß dazu be 
nützt, der Sparkasse den Kredit zu reduzieren. Wer nur ein 
klein wenig Verstand hat, Voransblick hat, wird auch die 
Gründe erkennen, die zu diesem Entschluß beigetragen haben. 
Schredt sagt selbst, er habe schon im Jänner 1928 den Herrn 
Regierungschef darauf aufmerksam gemacht, daß es. ihm 
eigentümlich und ganz verdächtig vorkomme, wieso so viele 
Anfragen über die Landesbank aus aller Herren Länder ein 
treffen können. Diese Vorstellungen und Mahnungen haben 
aber nichts genützt. Schredt war der einzige, der der Sache 
doch nicht kraute, insbesondere dann, als nach den festen Ab- 
lengnungsversuchen Thönys solche Anfragen weiter einliefen, 
im Gegenteil sich' noch mehrten. Er tat als Bankfachmann das 
einzig richtige, er benützte den ersten Anlaß und reduzierte 
den Kredit. : 
Das sechste Warnungssignal war der Bericht des fürst 
lichen Rechmmgsdirektors an den Präsidenten des Verwal 
tungsrates und das Eingeständnis Thönys über sechs ini 
Umlauf befindliche von ihm im Namen der LandeZbank akzep 
tierte Wechsel. Was hat nun der Verwaltungsrat und dessen 
Präsident trotz dieses Wissens und trotz dieser ernstlichen 
Warnungen vorgekehrt? Seine Vorkehrungen bestunden mehr 
oder weniger Ui einer ununterbrochenen Reihe von Gesetzes- 
' Verletzungen, Volk Geschästsreglementsverletzungen, in groben 
Fahrlässigkeiten und in Verletzungen der kaufmännischen 
Sorgfalt. Ohne diese Gejetzesverletzungcn und ohne diese 
begangenen groben Fahrlässigkeiten wären auch die Betrü 
gereien nicht möglich geweseik. Sie können nicht weggedacht 
werden. Was würde ein anderer Präsident des Verwaltungs 
rates getan haben, wenn ihm sein eigener Verwalter eiir Be 
kenntnis machte über ansgestellte Wechsel, und zivar wie ge 
jagt, 6 an der Zahl. Er hätte sich wahrscheinlich den Verwalter 
rufen lassen und gesagt, sie seheik sehr schlecht aus, brauchen 
sie nicht eine Erholung, wollen sie liicfjt auf Urlaub gehen, 
und wenn der Verwalter diesen Urlaub abgelehnt Hütte, was 
bestimmt hätte auffallen müssen, hätte man eben stärkere 
Mittel anwenden müssen, schreiten müssen zur Entzichung 
wenigstens der rochtsverbilkdlichen Unterschrift. Uikd lvenll 
alle Mittel nichts nützten, eventuell diesen Verwalter gleich 
zum Teufel jagen sollen. Und was geschah da? Man schickte 
Herrn Dr. Ritter von Vaduz nach Wien, unk die genaniktell 
sechs Wechsel einzuziehen, und nun ereignete sich das ganz 
Unglaubliche und nahezu Unfaßbare: Welche Komödie spiel 
ten Walser und Beck mit Herrn Dr. Ritter in Wien. Dr. 
Ritter kam nach Wien und traf Nlir Nico Beck. Nico Beck be 
richtete ihm, Walser käme am aikdcren Tag aus Budapest. 
Walser kam und wurde Volk Dr. Ritter zur Rede gestellt. 
Er entschuldigte sich, er habe die Akzepte nicht da, er habe sie 
untergebracht und müsse sie erst holen. Natürlich traf er 
sich später niit Nico Beck, um die Akzepte, von deiken Mco 
Beck massenhaft in der Tasche hatte, wenigstens einige zu 
holen. Aber er hatte vieleicht nur 4, möglicherweise, weil es 
ihm zu schade war, wenn alle herausgegeben iverden müßteik. 
Man brauchte sie weiter zur Wechselbegebung und nun hatte 
Walser die Kühnheit, den« Dr. Ritter nur die vier Abschnitte, 
die vier Akzepte der Landesbank zu geben, mit der Begrün- 
düng, das andere bekümmere ihn nicht, das gehe niemand 
etwas an. Was aber dann gegangen ist, wissen wir alle. Ich 
erinnere Sie an die Positionen Zwicky-Malans, zweite Dis 
kontierung im April 1928, 120 000 Franken. Ich erinnere 
an die Goldsingerwechsel, 160 000 Franken. Ich erinnere 
an die Alexander Justus-Wechsel zweimal 300 000 Frmcken, 
zweimal 60 000 Franken, einmal 100 000 Fraikken, einmal 
250 000 und 100 000 Franken, zusamineir 360 000 Fran 
ken. Ich erinnere an die Wechsel Kalosza, Schwarzwald, 
Kapferer und wie diese Namen alle hier heißen. Hätte man 
wenigstens nicht nach dein 30. März 1928 mit einer eiser 
nen Faust dreinschlagcn sollen? Nein, der Verwaltungsrat 
schaute einfach ruhig zu, wie diese Angeklagten Verbrechen 
auf Verbrechen weiter häufen konnten. Alles in allem muß 
gesagt werden, hätte nur ein einziges Glied aus dieser hier 
von mir geschilderten Kette gefehlt, .die Betrügereien wären 
überhaupt nicht oder nicht in dem ungeheuren Umfange mög 
lich gewesen. 
Ein weiterer Faktor war auch die Regierung. Was wußte 
die Regierung und was hätte die Regierung wissen müssen? 
Der^Kontrollbericht für das Jahr 1926 wurde noch am Tage 
des Einganges einfach ad acta gelegt. Der Koiktrollbericht 
1926 wurde kurze Zeit nach dem Eingang ebenfalls ad acta 
gelegt und was wurde vorgekehrt? Der Regierungschef berief 
sich daraus, daß die Berichte ihm im Drange seiner zahlreichen 
Regiermkgsgeschäste eiktgangen seien. So wichtig war doch be 
stimmt keine andere Angelegenheit als gerade diese. Die An 
gelegenheit der Berichte dieses Landes, der.Bank, der Bevöl 
kerung, die berufen war, ihre Ersparnisse in diese Bank zu 
gut gesicherter Anlage hinzutragen, und so zahlreich können 
diese Regiernngsgeschüste auch nicht gewesen sein, daß man 
nicht doch etwas Zeit gefunden hätte, diese Berichte wenig- 
stens durchznlesen. Es ist wie gesagt, die Duplizität der Fälle, 
alles hat keine Zeit, der Regierungschef nicht, der Präsident 
des Verwaltungsrates nicht, nick» er hat vielleicht um Gottes 
Willen keine Zeit gehabt. Fm übrigen aber beruft sich der 
Herr Regierungschef auf das Sparkasjegesetz, wonach diese 
Angelegenheit primär in den Wirkungskreis des Verwal- 
tuugsrates falle lind ihn nichts bekümmere. Aber noch mehr. 
Nicht nur, daß nichts vorgekehrt wurde, die Regierung för 
derte, indirekt wenigstens, diese Geschäfte, indem sie glänzende 
Auskünfte erteilte über Walser, den Hauptakteur. Die An 
fragen sind sogar telegraphisch ergangen und wurden auch 
prompt telegraphisch erledigt. 
Diese Auskünfte Waren zweifellos nach Inhalt und Auf 
machung keineswegs gerechtfertigt und die Regierungskanz 
lei schließlich bestätigte die Echtheit.der Unterschrift des 
Thöny. In diesem Zusammenhange möchte ich darauf 
hinweisen, daß die Regierungskaitzlei zu einer derarti 
gen Bestätigung gar nicht berechtigt war. Denn nach 
Paragraph 81 der Rechtssicherungsordnung ist Folgen 
des festzustellen. Da heißt e£: ,,Für die öffentliche Be 
urkundung.... (Dr. Budschedl liest)... nun befugt: Nun 
handelt es sich um einen RegistevanstzUg, also eine 
Beurkundung, infolgedessen hätte richtigerweise die Be 
urkundung nicht vom Herrn Regierungsfekretär ausge 
stellt werden dürfen. Aber abgesehen davon, mußte es 
doch demselben unbedingt auffallen, daß diese Vollmacht 
so oft .verlangt wurde, so oft notwendig geworden ist. 
Und es 'konnte dem Herrn Regierungssekretär der vor 
stehende Text, der Inhalt der Urkunde keineswegs ent 
gehen. Die meisten Bestätigungen tragen doch die glei
	        

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