Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

' ist deshalb nicht deslvegen unter Anklage gestellt, weil er sich 
unter de» falschen Schein des unbeschränkt Zeichnungsberech 
tigten, sondern unter dein Schein des unbeschränkt Verpflich 
tungsberechtigten verborgen habe. Und eine Verpflichtung, 
f. die Spar- und Leihkasse in dieser Angelegenheit zu befragen, 
t bestand nicht nach Gesetz und Reglement, und er gibt zu, be 
wußt gesetz- und reglemcntswidrig gehandelt zu haben. Es 
sind dann auch sämtliche in diesem Belange eingelangten Ur- 
■ künden, Briefe und Belege der Spar- und Leihkasse vorent 
halten worden, sind in den Büchern nicht enthalten und zum 
1 Teil unterdrückt worden. Daher gegen Thöny die Anklage des 
Betruges und wegen Walser, Beck und Carbone Anklage we 
gen Mitschuld am Betrüge gemäß § 6 und 197 St. G. Ich 
weiß, baß von der Verteidigung in erster Linie eingewendet 
werden wird, daß Betrug nicht vorliege, weil jede Schädi 
gungsabsicht fehle. Das wird nicht zu verhindern sein. Die 
Angeklagten hatten ein Interesse daran, der Sparkasse Gelder 
. zu verschaffen, Nutzen zu bringen, hatten die größte Freude 
; daran, und gute Hoffnung und waren einzig und allein von 
l dem Bestreben geleitet, der Sparkasse Nutzen zuzuführen. 
Jede Schädigungsabsicht hat da gefehlt. ?lber ich gestatte mir, 
' in dieser Richtung darauf hinzuweisen, daß einerseits Thöny, 
Walser und Beck sich vollständig klar sein inußten, daß das 
Geld in weite Fernen gehe, daß sie sich Gelder beschafften 
. bau frein der Seite zur Abdeckung ungedeckter Konti, daß aber 
i mit einer Wechsclbegebinig der Sparkasse unbedingt Schaden 
f zugefügt werden müsse. Es ist hier nicht notwendig, daß ich 
s aus eigenen! heraus Ihnen sage, worin Schädigungsabsicht 
liegt. Das ist in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 
j in Wien festgelegt worden, woraus klar ersichtlich ist, daß 
l es sich diesfalls um alle Merkmale des Betruges handelt, 
[ und wenn ich diese Entscheidung zitiere, so befinde ich mich 
in guter Gesellschaft, denn Altmann sagt iir seinem Kommen 
tar. daß man sich solchenfalls am besten an die Judikatur 
f halte. Er will es auch tun,und ich bitte, mich lediglich diese 
| eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zitieren zu 
[ lassen. 
[ „Der Oberste Gerichtshof hat der Nichtigkeitsbeschwerde der 
k Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried 
f i. I. als Schöffengerichtes vom 30. Dezeinber 1924 Folge 
I gegeben, das angefochtene Urteil im Freispruche des Ange- 
I klagten von der Anklage wegen Verbrechens des znin Nach- 
I teile der Sparkasse Raab verübten Betruges aufgehoben und 
[ die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Enscheidung im 
i Umfang dieser Aufhebung an das Kreisgericht Ried i. I. 
I verwiesen. .... 
i Gründe: Die Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft'ledlich den 
I Freispruch von der Anklage wegen Verbrechens des an der 
I Sparkasse Raab verübten Betruges u. macht u. a.. gestützt auf 
» hm Nichtigkeitsgrund der Z. 9a des § 281 StPO.,, geltend, 
I bas Erstgericht sei nur infolge Verletzung oder unrichtiger 
k Anwendung des Strafgesetzes, indem es nämlich den Begriff 
I her zum Tatbestände des Betruges erforderlichen" Schädi- 
I gungsäbjicht irrig auffaßte, zu der Feststellung gelangt, daß 
I in der dem Angeklagten zur Last fallenden, die Sparkasse 
» Raab an ihrem Eigentums schädigenden Tat keine gerichtlich 
» strasbare Handlung gelegen sei. Die Beschwerde ist begründet. 
I Fm angefochtenen Urteile wird festgestellt, daß der Ange- 
I klagte in seiner Eigenschaft als Amtsleiter der Sparkasse 
I Raab durch listige Täuschungshandlungen teils die Direktion 
( der Sparkasse in Irrtum geführt, teils deren Irrtum und 
Unwissenheit benutzt habe, um dem L. W. aus den Geldern 
der Sparkasse Beträge von rund 600 000 000 Kronen zu 
Spekulationszwecken zur Verfügung zu stellen, und daß er 
hiedurch der Sparkasse tatsächlich einen Schaden in ungefähr 
der gleichen Höhe zugefügt habe. In den Urteilsgründen wird 
weiter ausgeführt, cs sei wohl richtig, daß durch jede Ab 
hebung auf Grund eines derart bewilligten Kredites die 
Sparkasse um den abgehobenen Betrag ärmer wurde und daß 
zunächst die Absicht des Angeklagten darauf gerichtet gewesen 
sei. den kredidierten Betrag aus dem Vermögen der Sparkasse 
ohne Gegenwert herauszunehmen. Strafrechtlich dürfte aber 
die Absicht nicht abschnittsweise nach den Teilakten, sie müsse 
vielmehr in ihrer Gesamtheit untersucht und beurteilt wer 
den. Nicht deshalb könne also der Angeklagte schuldig erkannt 
werden, weil er unbefugt lind ohne Sicherstellung Sparkasse- 
gelder ausfolgte und dadurch bewußt sein Institut augenblick 
lich äriner machte, sondern nur dann habe er sich des Be 
truges schuldig gemacht, wenn er. bei diesen AuSfolgungen 
mit der nahen Möglichkeit einer bleibenden Schädigung fei- 
nes Institutes rechnete und sich trotz dieses Bewußtseins nicht 
von der Tat .abhalten ließ, in welcher» Falle ihrn böser Vor 
satz (dolus eventualis) zuzurechnen wäre. Das Urteil schließt 
die Möglichkeit nicht aus, daß der Angeklagte lediglich unter 
dem Einflüsse des L. U. und F. A., die ihm ihre beabsichtigten 
Spekulationsgeschäfte in einem sehr günstigen Lichte darge 
stellt haben dürften und denen er Vertrauen schenkte, zu den 
unter Anklage gestellten Handlungen bewogen worden sei, und 
komint zu dem Schlüsse: „Wenn der Angeklagte so sehr im 
Banne der Hauptbeteiligten stand, daß er mit dem Eintritte 
eines dauernden Schadens nicht rechnete, sondern ihn für un 
wahrscheinlich hielt und nicht in den Kreis ernster Betrach 
tung zog, wollte er den Schaden nicht, und es kann ihm 
böser Vorsatz nicht zugerechnet werden." Mit Recht behauptet 
die Beschwerde unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes 
der Z. 5 der § 281 StPO., in diesen Ausführungen sei ein 
innerer Widerspruch oder zumindest eine Undeutlichkeit ge 
legen. Denn die Animhme, der Angeklagte habe mit dem Ein 
tritte eines dauernden Schadens nicht gerechnet, stützt sich im 
vorliegenden Falle offenbar auf die Ueberzeugung, er sei der 
Meinung gewesen, daß an Stelle des der Sparkasse durch die 
unbefugten Kreditgewährungen entzogenen Geldbetrages so 
fort eine gleichwertige Forderung der Sparkasse an den 
Kreditnehmer getreten sei. Mit dieser Annahme ist jedoch die 
gleichzeisigc Feststellung, die Msicht des Angeklagten sei da 
rauf grichtet gewesen, den kreditierten Betrag aus dein Der- 
mögen der Sparkasse ohne Gegenwert herauszunehmen,, nicht 
vereinbar. Jedenfalls aber hat das Erstgcricht,. wenn es die 
Schädigungsabsicht des Angeklagten nur deshalb nicht als 
ertniesen annahm,weil er nicht init der nahen Möglichkeit 
einer bleibenden Schädigung oder, wie es an einer anderen 
Stelle der Entscheidungsgründe heißt, mit dem Eintritte eines 
dauernden Schadens rechnete, sondern einen solchen für un 
wahrscheinlich hielt und nicht in den Kreis ernster Betrach 
tung zog, das Vorhandensein der Schädigungsabsicht, wie die 
Beschwerde richtig ausführt, von rechtlich belanglosen Umstän 
den abhängig gemacht. Denn entscheidend für die Frage, ob 
jemand in Schädigungsabsicht handelte, ist lediglich, ob er 
das Bewußtsein hatte, daß duvch seine Handlung ein Schaden 
an einem geschützten Rechte, im vorliegenden Falle also am 
Eigentume, eintreten werde. Dadurch allein, daß der Täter 
mit der Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit rechnet, den durch 
sein Handeln herbeigeführte» Schaden wieder gutzumachen.
	        

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