107
wesentlich zu sein. Wünschen -die Parteien, Laß noch mehr
verlesen wird? Ich möchte jetzt noch die Klägerschast zur
Angelegenheit hören.. Dann würde das Gericht hierüber
eine Besprechung abhalten, nicht im -jetzigen Zeitpunkte,
sondern ihn Lause des Tages .und es würde dann seine
Meinung kundgeben. *
• Staatsanwalt: Zur Frage der Verlesung der Berichte
über die Klassenlotterie habe ich keinen Einwand zu er
heben. Auch Nicht dagegen, daß die Berichte nicht verlesen
werden unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß
deren Inhalt, insoweit es nötig erscheint/ für die Grund-
lage,der Parteienanträge dienen darf. '
Wegen der Frage: Verzicht auf die Verlesung vdn
Aktenstücken überhaupt, könnte meines Erachtens nicht
generell entschieden werden, sondern, nur für den einzel
nen Fall und für das betreffende Aktenstück.
Wenn aber eine Regelung, nach der Richtung hin ge
troffen wird, daß geprüft wird, ob . dieser oder jener Ak
tenteil doch zur Verlesung kommen soll oder nicht, so bin
ich gerne bereit zu irgendeinem zu vereinbarenden Zeit
punkt mitzuarbeiten, damit eine Verkürzung dieser Sache
durch Verringerung dieser Verlesung ermöglicht werde.
.Dr'. Ditscher: Ich möchte wissen, was aus der i>inyf=
Verlesung gefolgert wird ? Ob das zugrunde gelegt werden'
darf, den Antragen?
Präsident: Wir werden Uber diese Frage noch das
gesamte Gericht befragen. Ich werde dann noch im Laufe
dieses Tages Bescheid geben. Ich möchte die Sitzung jetzt
nicht unterbrechen.
Nun wären -wir einig über diesen Punkt. Wir können
nun mit dem Verhör des Carbone beginnen. 1
(Carbone wird vorgeführt.) .
Wir gehen nun zum Verhör des Angeklagten Rudolf
Carbone über.
'Präsident: Ich gedenke bei Ihrer Vernehmung wie
folgt vorzugehen: Persönliches, dann die einzelnen Trans
aktionen, die -Bürgschaft mit Niko Beck,.dann. die Reisen,
Wallerstein, dann die Berliner Geschäfte, Koburggeschäft,
Alexander Justus Tätigkeit, Kapferer, Schwarzwald usw.
eines nach dem andern. '
Erinnern Sie sich noch, .was in der Anklageschrift
steht?
Carbone: Ja.
Präsident: Ich möchte Ihnen in erster Linie die Frage
unteÄrreiten: Brennen Sie sich schuldig im Sinne der
Anklageschrift?
Carbone:. Nein.
Präsident: Wieso, werden wir im Verlaufe des Ver
höres vernehmen. -
Präsident: Sie find geboren am 30. Juni 1900?
" . Carbone: Ja. “
Präsident: Erzählen Sie über Ihre Jugend.
Carbone: Ich möchte diese Frage, wenn es erlaubt
wäre, nicht beantwortend Ich bitte mich davon zu befreien.
Die Frage -ist mir nicht angenehm mit Rücksicht aus meine
" Familie.
Präsident: Sie -müssen sich nur ganz kurz über Le-
^ bensverhältnisse ausfprechen. Es ist nicht notwendig, daß
Sie über Details Ihrer Familienangehörigen sich aus-
-fprechen.
I Aber wenigstens kurz resümieren.
Sie find wo geboren?
' Carbone: In Bern.
Präsident: Sie sind Bürger von Delley, Kanton Frvi-
burg. Offenbar eingebürgert.
Carbone: Nein, Papa ist Schweizer' geworden.
Präsident: Was war'er ursprünglich?
Carbone: Italiener. . „
Präsident: Wo haben Sie Ihre Jugend verlebt?
Carbone: In verschiedenen Ländern, in der Schweiz,
England, Frankreich, Deutschland und in Italien einige
Zeit. - . ' ' . ; ,
Präsident: Welchen Bildungsgang haben Sie durch
gemacht?
Carbone: Ich habe > verschiedene Schulen besucht und
auch Privatunterricht gehabt. . -
Präsident:.Si« haben die Volksschule besuchten Bern?
- Carbone: Fa und vorher in Godesberg. Dann das
Realgymnasium in Bern.
Präsident: In Zürich haben Sie aucheine Schule
besucht? -' ~ . '
Carbone: Ja, die Handelsschule.
In Deutschland habe ich noch das sogenannte Ein-
jährigen-Examen gemacht. In Zürich habe ich dann eine
Industrieschule besucht, dann noch. eine Handelsschule. .
Präsident: Welchen Lehrgang haben Sie durchge
macht?'
Carbone: Papa hat wollen, daß' ich Chemie studiere.
Ich habe mich aber nachher mehr dem Kaufmannsstande
zugewandt.
Präsident: Haben Sie Ihre kaufmännische Lehre bei
der Holzhandelsfirma Fuchs in Einsiedeln gemacht?
Carbone: Nein. Die Holzbranche habe ich kennenge
lernt, weil Papa während des Krieges größere Waldun
gen in Bulgarien gekauft hat und ich dort tätig war.
-Dann wurde durch den Waffenstillstand das Geschäft zu
nichte, das heißt, es kam schon zustande, aber Pa^r hat
die Waldungen wieder verkauft..
Präsident: Dann sind Sie wieder nach-Berlin?
Carbone: Ja.
. Präsident: Und dann haben Sie sich mit Buchhaltung
und Gefchäftskorrespondenz in. Zürich vertraut gemacht?
Carbone: Ja,
Präsident: Als Kaufmann auch angestellt?
Carbone: Ja.
Präsident: Dann An ich nach dem Tode von Papa
nach dem Jahre 1922 zu dem Michael-Konzern, durch einen
Bekannten meines^, Vaters, den ich in Zürich kennen
gelernt habe, der auch Direktor beim Michael-Konzern
war. Dann bin ich in die Vis A.-G. zuerst als Prokurist
eingetretene
Präsident: Eine Motorradfabrik?
Carbone: Ja. Dort habe ich die ganzen Fabriken ge
leitet. Wir hatten auch einen Benzinvertrieb. Ich habe
immer eine ganze Vertrauensstellung im Michael-Konzern
innegehabt und habe Kreditgeschäfte für Michael durch
geführt.
Präsident: Warum haben Sie diesen Posten verlassen?
Carbone: Weil Differenzen bestanden sind zwischen
Michael und mir, dadurch daß Michael gern ein südameri
kanisches Geschäft machte mit großen Obligationen von
holländischer Sprache. Dabei wollte er gerne di« Verbin-