Volltext: EINTRACHT (2011) (Ostern)

EINTRACHT OSTERN 
2011 SAGEN Das Totenvolk am Guler Hochzeitsleute aus Schaanwald gin- gen zwei Tage vor ihrem Ehrentag bei der Freundschaft herum, um sie in die Kirche und zum Mahle zu la- den. Bei Verwandten auf dem Schel- lenberg hielten sie sich etwas lange auf und es war bereits Nacht, als sie über das Gulerwegle herab heimzu gingen. Auf einmal - sie waren noch auf halber Höhe des Steiges - kam es hinter ihnen her und ging ihnen langsam und schweigend vor, ein langer, langer Zug gespenstischer Menschen, bleich und nächtig und schattenhaft; zuletzt im Zuge ging ein Weib mit einem gehäuselten Schal. Der Braut, da sie dies sah, stand das Herz fast still vor Schreck und Angst und heftiges Beben befiel sie. Als sie heimkam, zitterte sie noch am ganzen Leibe und beson- ders ihr Kinn bewegte sich unauf- hörlich; und dies blieb ihr. Ihr Kinn zitterte und gnappte zwei Tage dar- auf bei der Hochzeit und beim Mah- le, es zitterte und bewegte sich krampfhaft zeit ihres Lebens. Alles in Mauren weiss davon zu erzählen. Was sie am Guler gesehen, war das Totenvolk gewesen und einige Tage nach ihrer Hochzeit starb dann am Schellenberg ein Weib, das immer in einem gehäuselten Schal ins Land herab zu Kirche und Markt gegan- gen war. Franz Xaver Gassner, 
1915Von 
den Geistern am Schellenberg Früher war die Geisterplage in den Dörfern am Schellenberg gross. Nicht nur bei den verfallenen Bur- gen geisterte es, so dass diese Orte jedermann mied, sondern auch in vielen Torkeln und Häusern. - Be- sonders der «Binsentorkel», der jetzt abgebrochen ist, war voller Geister. Als einmal ein junger Bursche zum Torkelmeister, der es ihm vergeblich verwies, über die Geister spottete und meinte, er möchte doch etwas von ihnen spüren, warf ihn eine un- sichtbare Gewalt über und über, dass er halb besinnungslos liegen blieb. Aus Rechenmachers Haus an der Gamp mussten sie oft zu Nachbars- leuten flüchten, so arg trieben es die Geister dort. Man hörte, wie die Haustüre ging und Tritte in der Oberkammer, manchmal kamen auch zwei grosse Männer mit weis- sen Zipfelhauben in die Stube oder ein weissgewandetes junges Weib,das 
vor den Spiegel hinstand, sich strählte und dann verschwand. In einem anderen Hause riss es, selbst an ganz windstillen Tagen plötzlich und unversehens im glei- chen Augenblick beide Tenntore auf, und dies geschah oft und immer auf dieselbe Weise. Besonders in einem Hause aber war es wegen der Geister kaum zum Aushalten. Deshalb beschloss der Besitzer, es abzubrechen und an ei- ner anderen Stelle wieder aufzubau- en. Denn, wenn man es so macht und dabei die Schwelle am alten Hausplatze liegen lässt, bleiben die Geister dort zurück. Als aber die letzten Balken fortgeführt wurden, rief ein leichtfertiger Fuhrknecht: «Alle sollen ufsitza!» und lud über- dies auch noch die Schwelle drauf. Da war es am neuen Platze im Hau- se so arg wie früher. Erst als ein Papst die Geister auf hundert Jahre bann- te, bekam das Volk von ihnen Ruhe. Nun aber ist die Zeit abgelaufen und schon hört und sieht man wieder manches, und an vielen Orten ist es nicht mehr geheuer.31
	        

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