Volltext: EINTRACHT (2000) (Ostern)

Hl Bü EINTRACHT OSTERN 
2000 UNSER GAST Gebhard Hoch, Triesen Verantwortung gegenüber unseren Nachkommen Die Redaktion der «EinTracht» be- kennt sich in ihrem Untertitel zur Heimat- und Brauchtumspflege. Darum möchte ich als Politiker die Verantwortung gegenüber unseren Nachkommen zum Gegenstand meines Beitrages machen. Seit dem 2. Weltkrieg hat Liechten- stein eine rasante Entwicklung auf allen Gebieten durchgemacht. Grenzenloses Wachstum hat uns aber erst vor etwa 20-30 Jahren die Schranken und negativen Auswir- kungen unseres Handelns allmäh- lich bewusst gemacht. Rücksicht auf die Umwelt ist ins Bewusstsein gerückt und hat langsam, aber ste- tig, die politischen Entscheidungen beeinflusst; je nach Kontinent, Land und Region allerdings sehr unter- schiedlich. Der Begriff der «Nach- haltigkeit» hat in der Politik Einzug gehalten, der seit der Konferenz von Rio über reine Umweltfragen hinaus Synonym für eine verant- wortungsvolle Politik geworden ist. «Nachhaltigkeit» hat ihren Ur- sprung in der bäuerlichen Gesell- schaft, so wie wir sie früher auch in Liechtenstein hatten. Es war ein Grundsatz, nicht von der Substanz auf Kosten der Zukunft zu leben. Man war bestrebt, das Ererbte an die Nachkommen intakt weiterzu- geben. Die Substanz wurde nur in Notzeiten angegriffen. Auf die Poli- tik übertragen heisst das, dass Grundlage aller Entscheidungen längerfristiges Denken und Abwä- gen der Konsequenzen sein muss.Politikern 
wird gerne der Vorwurf gemacht, mit Blick auf die nächsten Wahlen nur kurzfristig zu denken und den Leuten nach dem Mund zu reden. Da mag einiges stimmen, aber das Verhalten vieler Politiker ist auch ein Spiegelbild unserer Ge- sellschaft, für die kurzfristiges Den- ken typisch ist. Allein auf Konsum und momentanen Bedarf ausgerich- tetes Handeln kann für unsere künf- tigen Generationen verhängnisvolle Folgen haben. Die Sorglosigkeit im Umgang mit Althergebrachtem und den sich daraus ergebenden negati- ven Folgen für die Zukunft ist zum Glück einem verstärkten Bewusst- sein unserer Verpflichtung gegen- über kommenden Generationen ge- wichen, jedoch immer noch nicht im erforderlichen Ausmass. Raumplanungsgesetz dringend 
nötig Jede politische Gruppierung spricht sich heute grundsätzlich für den Umweltschutz und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage aus. Nur im praktischen Alltag der Politik sieht es etwas anders aus. Ich erinnere an das seit Jahren ge- forderte und jetzt in eine Landtags- kommission verbannte Raumpla- nungsgesetz, das wir schon so lan- ge dringend brauchten. Die LGU (Liechtensteinische Ge- sellschaft für Umweltschutz) erfüllt in Liechtenstein eine wichtige Auf- gabe. Sie muss manchmal überris- sen erscheinende Forderungen stel- len, um wenigstens einen Teil ihrer Forderungen durchzusetzen. Ich bewundere die Verantwortlichen der LGU, wie sie sich von Kritik und Rückschlägen nicht entmutigen lassen. Zukunftsfonds rasch 
verwirklichen In vielen Staaten verschuldet sich die öffentliche Hand in unverant- wortlicher Weise. Liechtenstein hat durch glückliche Umstände und we- niger aufgrund eigener Leistungen dieses Problem nicht - im Gegen- teil, die Staatsreserven sind weit über das erforderliche Mass ange- wachsen. Der Verkauf von Landes- bank-Aktien hat dem Staat hohe Er- löse gebracht, die dieser auf lange Sicht nicht braucht und daher fürzukünftige 
Generationen in einen separaten «Zukunftsfonds» übertra- gen sollte. Die Idee des Zukunfts- fonds darf nicht begraben werden. Wir können nicht genug für die Bil- dung unserer Jugend tun, um dieser für das private und berufliche Leben ein gutes Rüstzeug mitzugeben. Die derzeit anstehende Schulreform sollte mit Bedacht angegangen wer- den. Nur um der Erneuerung willen darf Bewährtes nicht über Bord geworfen werden. Es stimmt mich nachdenklich, dass die vorgeschla- gene Schulreform so umstritten ist. Sie sollte doch von einer grossen Mehrheit mitgetragen werden, um Aussicht auf Erfolg zu haben. Diese grosse Mehrheit vermag ich aber im Moment nicht zu erkennen. Im sozialen Bereich ist auf die Fi- nanzierbarkeit der Leistungen in der Zukunft vermehrt Bedacht zu neh- men. Bei den Pensionsversicherun- gen wird man zunehmend vom Lei- stungsprimat auf das Beitragsprimat umstellen müssen, d.h. die Leistun- gen im Alter richten sich nach den einbezahlten eigenen 
Beiträgen. Die Familienpolitik fördern Bedenklich erscheint mir, wenn als Vision zum neuen Jahrhundert in ei- ner liechtensteinischen Zeitung un- widersprochen die Ablöse der Ehe durch das Konkubinat angekündigt wird. Hat sich der Prophet auch Ge- danken gemacht über die gesell- schaftspolitischen Veränderungen einer solchen Entwicklung? Famili- enpolitik muss neu definiert und im Interesse künftiger Generationen stärker gefördert werden. Bei politischen Entscheidungen darf nie «nach uns die Sintflut» mit- schwingen. Wir haben unsere Ent- scheide sowohl auf wirtschaftliche als auch ethische Gründe abzustüt- zen. Langfristige Perspektiven in der Politik kommen leider oft zu kurz. Lassen wir uns immer vom Grundsatz leiten, unseren Nach- kommen die gleichen Lebenschan- cen zu geben, wie wir sie haben. Triesen, im Januar 2000
	        

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