Volltext: EINTRACHT (1997) (Ostern)

ES3BI EINTRACHT OSTERN 
1997 UNSER 
GAST Sr. Mathild Frick, asc Der Frühling wird kommen und mit ihm das neue 
Leben. Während ich jetzt meine Gedanken niederschreibe, ist es draussen trüb und kalt. Die Bäume ragen leblos und starr in die grauen Nebel- schwaden. Und doch weiss ich, dass sie, sobald die Sonne wärmer wird, zu grünen und zu spriessen beginnen. Ich weiss es, weil es je- des Frühjahr so ist. Ich habe diese Rückkehr des Lebens in das alte Holz schon oft ungeduldig erwartet und erlebt. Goethe sagt: «Alles Irdische ist nur ein Gleichnis!» Dies gilt auch für das Wiedererwachen der Natur; sie ist ein Gleichnis für Ostern, für das christliche Fest schlechthin. Wir fei- ern die Auferstehung Christi von den Toten und damit auch schon unsere eigene Auferstehung. Wahrscheinlich haben Sie, wie ich, auch schon auf den Frühling gewar- tet und sich dann an jedem neuen Keimen gefreut. Und wenn der Win- ter noch so hart ist, wir wissen: Der Frühling wird kommen und mit ihm das neue Leben. Haben wir die glei- che feste Überzeugung, dass nach dem Tod das neue ewige Leben kommt? Es muss Herbst, Winter werden, damit es wieder Frühling werden kann. So ist der Tod diegleiche 
unumgängliche Vorausset- zung für die Auferstehung. Der, den sie suchten, war auferstanden. Ich möchte Sie heute auf eine scheinbare Nebensächlichkeit der Osterberichte in der Heiligen Schrift hinweisen, die mir selber im Alltag hilft. Ich bin bei Wilhelm Bruners daraufgestossen. Er schreibt in seinem Buch «Und die Toten laufen frei herum»: «Die Ostergeschichten in der Heili- gen Schrift fangen da an, wo nor- malerweise unsere menschlichen Geschichten aufhören! Denn die Gräber sind der letzte Ort unseres Lebensweges. Hier endet er. Im Grab kommt die menschliche Wan- derschaft zur Ruhe. Die Gräber nehmen jeden auf, der in sie hin- eingelegt wird. Am Ende, so scheint es, sind wir Menschen alle gleich: Der Tod hat uns alle gleich ge- macht. Scheinbar hat der Tod, dem Jesus im Leben so oft entgegenge- treten war, auch über ihn gesiegt. Sein Grab schien Siegeszeichen des Todes, denn zunächst wird auch er dort <zur letzten Ruhe> gebettet, schnell und unvorbereitet, wie Lu- kas betont.» Das Grab wurde mit einem Stein verschlossen, versiegelt und be- wacht, «die Sache Jesu» sollte für alle Beteiligten beendet sein. So sa- hen es auch die wenigen, die Jesus bis hierher gefolgt waren. (Wie oft stehen wir an einem neuen Grab und meinen, die Welt, das Leben kann nicht mehr weitergehen?) Aber die Graberzählung hat eine Fortsetzung, die niemand erwartet hat. Als die Frauen in aller Frühe des Sonntagmorgens den Leichnam einbalsamieren wollten, fanden sie ihn nicht mehr. Ein Engel verkünde- te ihnen, dass der, den sie suchten, auferstanden war. Die Evangelisten sind sehr zurückhaltend in der Be- schreibung der Auferstehung. Sie bestätigen, dass er auferstanden ist, aber das Wie schildern sie nicht. Die Auferstehung Jesu von den To- ten entzieht sich dem neugierigen Wissen-Wollen.Wir 
müssen selber österliche Menschen 
werden. Der Stein vom Grab ist weggewälzt und kann nicht mehr durch Zweif- ler und Ungläubige zurückgerollt werden. Ein Engel sitzt darauf und verhindert die Rückkehr in den al- ten Zustand. Wer nicht an die Auf- erweckung bzw. an die Auferste- hung glauben will, wird nicht durch ein offenes Grab zum Glau- ben kommen. Insofern setzt die le- bendige Interpretation des offenen Grabes immer den Glauben an das Leben voraus. Auch die Jüngerin- nen und Jünger wären nicht zum Glauben gekommen, hätten sie nicht tief in ihrem Herzen und ihrer Glaubenstradition auf Aufer- stehungserfahrungen zurückgreifen können. Gesucht wurde an jenem ersten Tag der Woche ein Toter, gefunden wurde der Lebendige! Auch unsere Grabsteine und die unserer Lieben werden weggewälzt werden, der Weg ist frei. Glauben wir das? Können wir daraus Hoff- nung schöpfen? Denn wenn wir vom alle menschlichen Ordnungen umkehrenden Ostergeheimnis über- zeugt sind, müssen wir selber öster- liche Menschen werden, d.h. Men- schen, die für das Leben in jeder Form einstehen, Menschen, die Hoffnung verbreiten, weil sie ein Ziel vor sich haben und Menschen, die zu Versöhnung bereit sind und Versöhnung vermitteln. Damit wir zu solchen österlichen Menschen werden können, kann die Vorbereitung auf das Jahr 2000 eine grosse Hilfe sein. Denn 1997 steht unter dem Thema: «Jesus Christus - das menschliche Antlitz Gottes». Ich möchte Sie, liebe Lese- rinnen und Leser, alle ganz herzlich einladen, das unbekannte mensch- liche Antlitz des menschenfreundli- chen Gottes in diesem Jahr besser kennenzulernen. Ich wünsche Ihnen gesegnete Feier- tage und kleine Auferstehungsfeiern in Ihrem Alltag.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.