Volltext: EINTRACHT (1996) (Advent)

HlEINTRACHT ADVENT 
1996 UNSER GAST Dekan Franz 
Näscher In Erwartung In diesem liebenswürdigen Bericht von der Begegnung der zwei Frau- en Elisabet und Maria, beide in Er- wartung ihres Kindes (Lk 1, 39-45), fallen mir vor dem Hintergrund un- serer Zeit drei Formulierungen be- sonders auf: - dass Maria nach einigen Tagen zu Elisabet eilte, - die zweimalige Erwähnung «das Kind in ihrem Leib» - und die Anrede «Mutter meines Herrn». Maria hatte bei der Verkündigung erfahren, dass Elisabet einen Sohn empfangen hat und bereits den sechsten Monat in Erwartung ist. Fürsorglich eilt sie schon nach we- nigen Tagen zu ihr. Da geht es um einen neuen Menschen, der ins Le- ben eingetreten ist und geboren werden soll. Da ist Eile geboten. Zweimal kommt dann die Erwäh- nung «das Kind in ihrem Leib», wie es beim Gruss Marias vor Freude sich regt. Nicht von irgendetwas im sechsten Monat ist hier die Rede, sondern von einem Kind. Und Maria, die eben erst empfan- gen hat, wird als Mutter angespro- chen - als «Mutter meines Herrn», der als Kind in die Welt kommen wird und schon seit der Verkündi- gung einen Namen hat. Namen gibt man einer Person, nicht irgendeiner Sache. Hier geht es von der Emp- fängnis an um den Menschen Jesus. Eltern, die sich über das Kommeneines 
Kindes freuen, überlegen ebenso schon von Anfang an den Namen, den sie ihm geben werden. Abgetriebene Kinder bleiben na- menlos. «Der lautlose 
Holocaust» Es geht in diesem Evangelienbericht um ein Bild vom Menschen, das ihn nicht erst und nur dann als sol- chen einstuft, wenn er etwas leistet, also arbeitsfähig und kaufkräftig ist. Erschreckend hingegen sind die Folgen, zu denen eine sogenannte «neue Ethik» führt; für sie ist gut und richtig, was dem materiellen Nutzen der Allgemeinheit dient. So soll sich der frühere amerikanische Nobelpreisträger Dr. Francis Crick im Januar 1978 geäussert haben: «Kein neugeborenes Kind darf als Mensch bezeichnet werden, bevor an ihm bestimmte Untersuchungen über sein Erbgut durchgeführt wor- den sind. Falls es diese Prüfung nicht besteht, soll es das Recht zu leben verwirkt haben.» Derselbe Dr. Crick habe auch die zwangs- weise Tötung jedes Menschen im Alter von achtzig Jahren vorgeschla- gen1. Wenn es an der Bereitschaft fehlt, Lebenschancen miteinander zu teilen, muss der ungeborene, der kranke, der alte Mensch unweiger- lich auf der Strecke bleiben. Da spüren wir nichts mehr von der Würde eines jeden Menschen und von der Bejahung des Lebens von der Empfängnis bis zum Tod. Wo der Mensch sich herausnimmt, Leben künstlich zu zeugen und durch Gen-Manipulation verändern zu wollen, da wird er diesem Leben auch ein Ende machen, wann und wie er will. Die gesunde Einstellung zum Leben kommt abhanden: ei- nerseits künstliche Befruchtungen und Experimente sowie die Ver- marktung menschlicher Föten und Embryonen zu kosmetischen Zwek- ken, andererseits trotz vielfältiger Möglichkeiten der Verhütung «der lautlose Holocaust» von Abtreibun- gen, schätzungsweise jährlich vier- zig Millionen weltweit, in den USA sollen es täglich über viertausend und in Russland zwei Drittel aller 'Powell, )ohn: Abtreibung - der lautlose Holo- caust, S. 
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Kinder sein. Wenn das Leben der Ungeborenen nicht mehr als schützenswert angesehen wird, wundere ich mich auch nicht über den vielfachen Missbrauch von Kindern weltweit. Durch die Medi- en gingen kürzlich Meldungen vom erschreckenden Ausmass des sexu- ellen Missbrauchs und von der Auf- deckung einiger Kinderschänder- banden. Die Ablehnung von Kindern hat auch subtilere Formen; das erfahren Eltern mit Kindern beispielsweise auf der Wohnungssuche oder auch schon in manchem Restaurant oder Hotel. Dass die Mehrheit sich kin- derfreundlich verhält, ist dankbar hervorzuheben. Ja zum 
Leben «Eine Frau erwartet ein Kind», sagte man früher, «sie ist in der Hoff- nung» oder auch «gesegneten Lei- bes». Man mag die beiden letzten Ausdrucksweisen vielleicht tabui- sierend finden, aber kam da nicht eine ganz tiefe Achtung vor dem werdenden Leben zum Ausdruck? Nur noch von «Schwangerschaft» zu reden, ist mir zu sachlich und zu unpersönlich, und die Abtreibungs- befürworter sind sich dessen be- wusst, dass die Redensart «eine Schwangerschaft abbrechen» weni- ger betroffen macht als zuzugeben: Werdendes Leben wird zerstört, ein Kind wird umgebracht. Geben wir acht auf die Würde je- des Menschen zu jedem Zeitpunkt seines Daseins! Und noch etwas: Maria eilte nach wenigen Tagen zu Elisabet, um ihr - wie es gläubige Vorstellung sieht - in den letzten drei Monaten vor- der Geburt beizustehen. Zur Ach- tung vor jeder werdenden Mutter gehört die Sorge und Hilfsbereit- schaft vor allem für jene, die durch eine Schwangerschaft in Schwierig- keiten gekommen sind. Wollte Gott uns all das für alle Zei- ten mit jeder Weihnacht zu beden- ken geben, wenn er seinen Sohn als Kind in unsere Welt kommen Hess? Dekan Franz Näscher
	        

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