Volltext: EINTRACHT (1995) (Ostern)

tarn SU EINTRACHT OSTERN 
1995 PERSÖNLICHKEITEN Vor 100 Jahren geboren Anton Frommelt (1895-1975): Pfarrer, Politiker, 
Künstler Pfarrer Frommelt war während fast zwei Jahrzehnten eine prägende Gestalt für Liechtenstein, nämlich von 1928 bis 1945, in der Zeit der Krise und der Bedrohung. Geistliche 
Berufung Kurz vor der Jahrhundertwende am 14. März 1895 als elftes Kind des Lorenz und der Magdalena From- melt-Vogt geboren, wuchs der Kna- be in Schaan auf, absolvierte ab 1908 das Kollegium in Stans, legte 1916 — Verdun erstickte im Blut — die Matura ab, bezog das Priester- seminar in Chur und feierte 1920 in Schaan Primiz. Nach zwei Jahren als Zeichenlehrer am Kollegium Schwyz wählte die Triesner Ge- meindeversammlung A. Frommelt zum Pfarrer. In Triesen war er bis 1933 Seelsorger, Fürsorger, Ratge- ber, Aufklärer, gelegentlich auch Naturheiler und sozialgeschichtli- cher Photograph. In Landtag und 
Regierung Im Zuge des Regierungswechsels von 1928 wurde der 33-jährige Triesner Pfarrer für die Bürgerpartei in den Landtag gewählt und gleich zum Landtagspräsidenten bestellt; in diesem Amt wurde er bis 1945 bestätigt. 1933 holte man Frommelt in die Regierung Hoop. Er war bis 1938 Regierungschef-Stellvertreter, ab März 1938 noch vollamtlicher Regierungsrat in der FBP-VU-Koali- tionsregierung. Im April 1945 trat Frommelt nicht mehr zur Landtags- wahl an, und im Sommer des glei- chen Jahres erklärte er — zusam- men mit der ganzen Regierung — auch den Rücktritt aus der Exekuti- ve. Neue Leute müssten die Nach- kriegszeit gestalten, meinte er. Kraftvolle, polarisierende Persönlichkeit Pfarrer Frommelt war eine starke Persönlichkeit, redegewaltig, fromm,moralisch 
konservativ, sozial den- kend, eher fürsorglich-autoritativ als demokratisch-pluralistisch ein- gestellt, un ideologisch-pragmatisch, durchaus machtbewusst. Achtung der Menschenwürde galt ihm zu- vorderst, nicht Stand, Geld oder Ti- tel. Unverblümt sagte er, was ihm wert oder unwert war. Er zog sich Bewunderung, Respekt und auch Ablehnung zu. Die politischen Gegner fürchteten, manche hassten ihn. Als Regierungsmitglied für das öffentliche Bauwesen zuständig, galt er als Verantwortlicher für poli- tisch motivierte, ungleiche Arbeits- zuteilung. Misstrauisch und wider- strebend nur bot Frommelt 1938 Hand zur Einbeziehung der Vater- ländischen Union in die Regie- rungsverantwortung. Gegen die Einführung des Proporzwahlrechts stemmte er sich 1939 erfolglos. Mitten in die schwere wirtschaft- lich-soziale, politische und geistige Krise der Zeit geworfen, orientierte er sich an der christlichen Ethik, vorab gegenüber dem Nationalso- zialismus. Gegner von Rassismus und Natio- nalsozialismus Den faschistischen und antisemiti- schen Tendenzen im «Liechtenstei- ner Heimatdienst» und den natio- nalsozialistischen Bestrebungen im Lande trat er offen entgegen. Als im Juni 1936 im Landtag Voten gegen Judeneinbürgerungen fielen, ant- wortete Landtagspräsident Anton Frommelt: «Es ist verfehlt, nach dem Blut zu urteilen ... Vom christlichen Stand-punkt 
aus ist Mensch eben Mensch und es kommt nicht auf die Rasse an, sondern auf das, was einer tut.» Der nationalsozialistischen «Volks- deutschen Bewegung in Liechten- stein», die von 1938 bis 1945 be- stand, grub Frommelt das Wasser ab, wo er konnte. Das Geschehen des Anschlussputsches vom 24. März 1939, das recht vielschichtig ablief, ist in der Volkserinnerung bis heute weitgehend reduziert auf Pfarrer Frommelts beherztes Auftre- ten gegen die Unterländer Mar- schierer im Besch-Rank eingangs Schaan, wo er durch kluges Hinhal- ten die Nationalsozialisten zum Rückmarsch bewegen und so deren gewaltsamen, unberechenbaren Zusammenstoss mit den beim «Bierhüsle» bereitstehenden Patrio- ten vermeiden konnte. Kunst, Wissenschaft und 
Leben Neben seinen Aufgaben als Geistli- cher und Politiker widmete sich Frommelt der Kunst, der Schule — als Schulkommissär — sowie der geschichtlichen Forschung. Er be- sorgte Briefmarkengestaltung und -ausgaben, vermittelte Aufträge an Künstler, betrieb die Ausgrabung von Alemannengräbern und jung- steinzeitlichen Fundstätten, schrieb Artikel im Historischen Jahrbuch. Die drei Jahrzehnte von 1945 bis zu seinem Tod am 7. Oktober 1975 widmete er vor allem der Malerei — als Expressionist — und der Seelsorge als wuchtiger Prediger im Vaduzer Josefskirchlein. Seine ältere Schwester hielt das Haus in Vaduz — und ihn selber — im Zaum. In geselliger Runde jasste er, den Schäferhund «Fritz» zu Füs- sen. In seinen Bildern, dem Leben zugewandt, tritt oft der Tod neben den Künstler — vanitas. Gletscher malend, meditierte 
Frommelt. Gestalt im schwarzen Rock Von rastloser Energie beseelt, mit kaum gebändigtem Lockenschopf über der gedrungenen Gestalt, so fuhr und ging der immer schwarze Priesterrock durchs Land. Dieses verdankt ihm viel.Peter Geiger
	        

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